- Wenn es den technischen Fortschritt nicht gäbe, müßte man
ihn erfinden! Weil ... neue Technik heißt immer auch neue
Möglichkeiten für den Bastard X from Hell!
Zum Beispiel die neueste Marotte, daß alle Welt lieber Windows-Laptops mit
sich herumschleppt, anstatt zu Hause und im Büro jeweils einen
vernünftigen Linux-PC zu installieren, der sich über DSL
synchronisiert. Und natürlich braucht man/frau dann noch eine
Dockingstation, eine Tasche, externe Laufwerke und ... und ...
und ... Ganz abgesehen davon, daß meine untrainierten Kollegen
schiefe Schultern von ihrem Schlepptop bekommen, kostet der ganze Zusatzkram
zusammen schon wieder mehr als die zwei besagten
PCs ...
Naja, mir soll's recht sein - vor allem vor dem Hintergrund, daß ich
als Systemadministrator nur für die FEST INSTALLIERTE Hardware
zuständig bin.
Ich klaue also in der Zentralwerkstatt eine Sprühdose mit Isolieröl
und verbringe einen fröhlichen Nachmittag damit, bei allen vakanten
Dockingstations des LEERstuhls die Port-Kontakte
einzusprühen.
Keine zwei Stunden später steht Marianne auf der Matte und behauptet, ich
würde wieder 'am Netzwerk herumfummeln', so daß ihr Laptop kein
Verbindung bekäme.
Ich deute wortlos auf meinen Big-Brother-Monitor, wo alles im grünen
Bereich leuchtet, aber Marianne, die durch den jahrelangen Umgang mit mir so
mißtrauisch wie ein australischer Wüstenfuchs beim
Versicherungsmakler geworden ist, läßt sich nicht so leicht
abwimmeln.
- "Dann hast du halt meinen Raum aus dem Patchfeld genommen, oder so
was!"
- Ich halte ihr den Schlüssel zum Patchfeld unter die Nase und sage,
daß sie gerne selber nachschauen könne. Marianne weiß,
daß ich das niemals anbieten würde, wenn am Patchfeld was nicht
stimmen würde; also läßt sie die Hypothese sofort wieder
fallen.
- "Warum kommst du nicht lieber mit dem Netzmonitor in mein Büro und
testest meine Internetdose?!"
- schlägt sie statt dessen vor, hartnäckig wie ein tasmanischer
Teufel, der sich in ein T-Bone-Steak verbissen hat.
- "Weil ich genau weiß, daß die Dose funktioniert, und ich
für mobile Hardware nicht zuständig bin!"
"Aber die Dockingstation ist nicht mobil!"
"Die Dockingstation funktioniert ja auch; es ist dein blöder Laptop, der
nicht funktioniert."
"Woher willst du wissen, daß die Dockingstation
funktioniert?!"
"Weil ich sie hier auf dem Big-Brother-Monitor sehen kann; das heißt,
daß sie auf 'ping' antwortet."
"Wenn ein Rechner auf 'ping' antwortet, heißt das noch lange nicht,
daß er auch funktioniert!"
- kontert Marianne.
- "Das stimmt, aber eine Dockingstation ist kein Rechner sondern nur eine
Schnittstelle. Und wenn die Netzkarte auf 'ping' antwortet, wüßte ich
nicht, was sonst noch kaputt sein sollte."
- Inzwischen ist der Kollege O. in der offenen Türe aufgetaucht und
verfolgt interessiert unserem Disput.
- "Falls es etwas Licht in die Angelegenheit bringen sollte: mein Laptop
bekommt auch kein Netz ...",
- sagt er.
- "Ha!"
- ruft Marianne, als ob damit alles klar wäre.
Ich dagegen verweise kühl wie eine frisch eingeschenkte Campari Soda auf
den Big-Brother-Monitor, wo die Dockingstation des Kollegen O.
fröhlich grün leuchtet.
- "Du willst uns doch nicht einreden, daß bei zwei Laptops gleichzeitig
die Netzverbindung ausfällt, oder?!"
- Ich mache die Kollegen - es haben sich inzwischen noch drei notorische
Laptop-Schlepper eingefunden - darauf aufmerksam, daß es sich bei den
Laptops um Windows-Systeme handele, bei welchen bekanntermaßen
plötzliche Mißkonfigurationen wahrscheinlicher sind, als es nach
Murphey's Law zulässig sei.
Sehr lautes Gemurre von seiten der Kollegen mit deutlich drohenden
Untertönen ist die Antwort; Marianne schaut sich nach ihrem
Titan-Posaunekasten um.
- "Also gut!"
- sage ich laut, um das Gegrummel zu
übertönen.
- "Ich sag's noch einmal laut und deutlich, daß ich nur für das
Netzwerk und fest installierte Komponenten zuständig bin. Ich nehme
jetzt - ausnahmsweise - meinen Netzwerkmonitor und prüfe bei euch
allen, ob am Kabel, das in eure Dockingstation reingeht, ein Netz zur
Verfügung steht. Wenn dem aber so ist, und ich also recht gehabt habe, dann
schuldet mir der- oder diejenige einen Kasten
Bier ..."
- Keine halbe Stunde später bin ich um ca. 50 EUR reicher, die ich
sofort anschließend in der Trattoria in der Schellingstraße in ein
opulentes Mittagsmahl eintausche.
So gegen drei Uhr schleppe ich mich mühsam zurück in mein
Allerheiligstes, um mich für den Rest des Tages in die Hängematte zu
wälzen. Aber bevor ich in mein Büro schlüpfen kann, fängt
mich Marianne ab, die gerade aus der Werkstatt gestürmt kommt. In der einen
Hand hält sie die Sprühdose mit dem Isolieröl, in der anderen
schwenkt sie den infernalischen Posaunenkasten.
- "Was ist das hier?!"
- will sie drohend wissen.
Grundregel No 1 für den Bastard X from Hell: Wenn man mit harten Beweisen
erwischt wird, rennen!
Grundregel No 2: Wenn man nicht rennen kann,
lügen!
- "Keine Ahnung",
- lüge ich also dreist, weil an Rennen nicht zu denken
ist.
- "Was ist das?"
"Isolieröl!"
"Kann mir nicht vorstellen, daß das gut für deine zarten Hände
ist. Du solltest mal Aloe Vera probieren ..."
"Lenk' jetzt nicht ab! Was hat das Zeug in unserer Werkstatt zu
suchen!?"
- Mein Gehirn, völlig übersättigt von drei Stunden
italienischer high cuisine, sucht fieberhaft nach einer plausiblen
Erklärung - findet aber keine!
Grundregel No 3: Wenn man komplett in der Falle sitzt, jemand anderem die Schuld
zuschieben!
- "Äh ... Yogi Flop verwendet das manchmal, um ... um die
statische Aufladung seiner Opto-Maus zu unterbinden. Dahinten kommt er ja
gerade. Frag' ihn doch selber ..."
- Marianne dreht sich nach dem nicht vorhandenen Yogi Flop um, und ich rette
mich mit einem verzeifelten Tigersprung in mein Allerheiligstes und knalle die
atombombensichere Stahltüre ins Schloß.
Dumpfes Poltern der Stärke 6,5 auf der Richterskala sagt mir,
daß Marianne vergeblich versucht, ihren Posaunenkasten als Ramme
einzusetzen.
Nun ja. Das bedeutet vermutlich, daß ich heute nicht vor neun Uhr
nach Hause gehen kann. Wieder vier Überstunden! Ein Scheißstress,
dieser Job!
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