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06.11.2007 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Was zunächst wie eine mittlere Katastrophe über unser beschauliches Universitätsdasein hereingebrochen ist - ich spreche natürlich von den neuen Bachelor und Master-Studiengängen (kurz BA und MA genannt) -, erweist sich im Nachhinein als wahrer Segen für jeden Bastard Assi from Hell. 
Zum Beispiel schickt mir die Hausinspektion heute einen höchst offiziellen Brief per Einschreiben (!), daß ich endlich und gefälligst die Parkkarte zur Tiefgarage abzugeben habe, die sich seit nunmehr 17 Jahren ohne rechtliche Grundlage in meinem Besitz befände. Ich hätte nämlich gar keinen Anspruch auf einen Tiefgaragenplatz, schreiben Sie weiter, weil ich nur 500 Meter von der Uni entfernt wohne und außerdem keine eigene Garage bei meinem Wohnort nachweisen könne (s. Anschreiben vom 12.12.1991), weswegen der begründete Verdacht bestünde, daß ich die Tiefgarage der Universität ganz einfach als Dauerstellplatz für mein Auto mißbrauchen würde. 
Das muß man sich mal anhören! Auf was für abstruse, verquere Gedankengänge so ein paranoides Bürokratengehirn kommt, wenn es den lieben langen Tag nichts Gescheites zu tun hat! 
Abgesehen davon haben sie natürlich vollkommen recht: Mein Bastard-Mobil steht tatsächlich schon seit ihrer Einweihung in der Tiefgarage der Uni (und zwar in der im ersten Untergeschoß, weil ich die Tiefgarage im zweiten Untergeschoß bisweilen für hydromechanische Versuche mißbrauche) und ich beabsichtige auch nicht, daran etwas zu ändern. 
Mit BA und MA und der Tatsache, daß wir seit Neuestem als Exzellenz-Uni firmieren, ist das alles gar kein Problem mehr. 
So und so, schreibe ich lapidar zurück an die Hausinspektion, im Zuge der Umstellung unseres Studiengangs auf BA und MA ist jeder Dozent verpflichtet, regelmäßige Leistungskontrollen mit den Studenten seiner Kurse durchzuführen. Da nirgends festgelegt ist, wie diese Leistungskontrollen auszusehen haben, beabsichtige ich, sie einer Exzellenz-Universität angemessen in schriftlicher Form als Multiple-Choice-Test abzuhalten. Die Kontrolle erfolgt alle zwei Wochen; jeder Test besteht aus 46 Seiten Papier beidseitig bedruckt. Und derzeit habe ich 154einhalb Studenten in meinen Kursen. 
(Anmerkung 1: Daß die 154 Studenten kurz nach dem ersten Kurstermin alle beschlossen haben, doch lieber Kunstgeschichte zu studieren, geht Niemanden etwas an.
Anmerkung 2: Der halbe Student ist die Dogge des Hausmeisters.) 
Das ergibt nach Adam Riese 7107 Blatt Papier, die ich alle zwei Wochen nach Hause und wieder zurück schaffen muß, weil ich wegen des notorischen Dozentenmangels sowieso nur am Wochenende Zeit habe, die Arbeiten zu korrigieren. Hinzu kommt, daß mir wegen meines ärztlich attestierten Bandscheibenleidens (s. beigefügtes Attest von Vertrauensarzt Dr. B.E. Zelbub) nicht zugemutet werden kann, diese Papierlasten eigenhändig zu transportieren, weswegen ich auf die Nutzung der Tiefgarage der Uni aus dienstlichen Gründen angewiesen bin. Im Übrigen möchte ich diese Korrespondenz nutzen, gleich einen Fahrkostenzuschuß zu beantragen. 
Mit freundlichem Grüßen ... 
Eherne Grundregel im Umgang mit Verwaltungen: Man muß die Burschen immer mit ihren eigenen Waffen schlagen! (Oder gleich ordentlich erpressen!) 
Ich bringe den Brief gleich vor ins Sekretariat, damit Frau Bezelmann ihn mit zur Post nehmen kann. Das Sekretariat ist leer bis auf den Raben Nero, der in seinem goldenen Käfig hockt und mich so giftig anstarrt, als hätte ich vor, das ganze Sekretariat inklusive seines Jahresvorrats an Rabenfutter zu klauen. Ich öffne vorsichtig mit einem Brieföffner die Käfigtüre und stülpe mir schnell einen leeren Papierkorb über. Nero hüpft sofort aus dem Käfig, dreht versuchsweise ein paar schnelle Runden um meinen papierkorb-geschützten Kopf und hackt ein paarmal halbherzig auf den Papierkorb ein. Dann krächzt er ärgerlich und verschwindet im Gang. 
Wenn ich Glück habe, erwischt es ein paar Studentinnen im PC-Labor oder Marianne hat wieder mal ihre Bürotüre offen stehen. Dann haben wir wenigstens mal was zu Lachen hier! Gerade als ich wieder abhauen will, bevor Frau Bezelmann auftaucht und unangenehme Fragen bezüglich meiner letzten Spesenabrechnung stellt, läutet das Telefon. 
Ich zögere unschlüssig. 
Eigentlich geht mich das Telefon von Frau Bezelmann nichts an. Aber andererseits hat bei mir das Telefon schon sieben Wochen lang nicht mehr geklingelt, seit irgendein Student, der inzwischen als Kloputzer in Tadschikistan arbeitet, frecherweise meine Nummer im Campus-Netz ge-postet hat mit der Bemerkung, wer absolut aus dem Leben scheiden wolle, der solle sich die Schlaftabletten sparen und ganz einfach diese Nummer wählen. Mit anderen Worten: ich langweile mich allmählich zu Tode! Ich schaue nochmal kurz auf den Gang, ob Frau Bezelmann nicht vielleicht doch schon im Anmarsch ist, dann hebe ich ab. 
"Hallo?" 
"Äh ... ähm ... hallo ... hrrrm ... hallo? Sind Sie das ... ähm ... Frau ... Frau ... äh ... Frau ...." 
Der Chef! Unschwer zu erkennen! Ich fluche lautlos vor mich hin und sehe jetzt ein, daß das doch keine so gute Idee war mit dem Abheben, eher vergleichbar mit einem Griff ins Klo! 
"Ich bin's, Leisch", 
sage ich ergeben. 
"Ah? Ah! Ähm ... ja, gut, daß ist ja ... äh ... will sagen ... gut ... äh ... daß ich Sie gleich ... hm ... ich habe nämlich ... ähm ... nämlich ein kleines ... ähm ... kleines Problem ... hmm ... technisches Problem, ja." 
(Aus Gründen der besseren Verständlichkeit geben wir ab hier die Rede des Chefs OHNE die ganzen 'äh', 'ähm' und 'hrrm' wieder. Anmerkung des Verfassers.) 
Was denn los sei, frage ich den Chef. 
"Der Akku von meinem Handy ist fast leer", 
sagt er, 
"Können Sie mich bitte dann zurückrufen?" 
Die Verbindung wird unterbrochen. 
Ich stehe da mit dem Hörerin der Hand und überlege, was das jetzt bedeuten soll. Will der Chef sein Ladegerät suchen? Aber warum soll ICH ihn dann zurückrufen? Ich beschließe, dem Chef fünf Minuten Zeit zu geben, damit er sein Ladegerät finden und anschließen kann, und dann zurückzurufen. Aber schon läutet das Telefon wieder und an der Caller-ID sehe ich, daß er es wieder ist. 
"Hallo?" 
"Hallo Leisch? Warum rufen Sie mich nicht zurück?" 
"Ich dachte, Sie haben keinen Strom mehr und wollten erst Ihr Ladegerät anschließen ..." 
Der Chef erklärt umständlich, daß er gar keine Ladegerät besitze und sein Handy immer im Auto aufladen würde. 
"Das Auto hat aber meine Frau, und ich weiß nicht, wo sie hin ist. Aber wenn ich jetzt noch lange rede, ist gleich alles weg. Jetzt rufen Sie mich doch endlich zurück!" 
"Was hat DAS denn damit zu tun?" 
frage ich verblüfft. 
"Na, wenn Sie MICH anrufen, brauche ich doch nicht so viel Strom!" 
Ich hole tief Luft und erkläre dem Chef langsam, daß sein Handy zwar weniger Gebühren berechne, wenn es angerufen wird, aber trotzdem die allgemein gültigen physikalischen Gesetze es erfordern, daß es genauso viel Strom brauche, wie wenn er mich anrufe. 
Kurze Pause in der Leitung. Dann: 
"Sind Sie sicher? Fragen Sie doch mal Frau Bezelmann ..." 
"Frau Bezelmann ist nicht da und ich bin mir ganz sicher. Wir sollten lieber schnell darüber nachdenken, wie Sie Ihr Handy wieder aufladen können. Hmm, sind Sie denn zu Hause?" 
Der Chef bejaht dies. 
"Und hat Ihre Frau einen Mikrowellenherd? Gut! Dann kriegen wir das ganz schnell hin. Legen Sie das Handy in die Mikrowelle und schalten sie auf 1000 Watt. Mikrowellen induzieren nämlich Spannungen in geschlossenen Schleifen, verstehen Sie? Deswegen darf man ja auch keine Alufolie in die Mikrowelle legen, nicht wahr? Wenn Sie jetzt das Handy hineintun, induziert sich eine Spannung in der Schleife zwischen Elektronik und Akku und lädt den Akku auf. Verstehen Sie?" 
Der Chef gibt mir zu verstehen, daß er das verstehe. 
"Gut", 
sage ich, 
"wichtig ist, daß das Handy eingeschaltet ist, weil sonst keine geschlossene Schleife entstehen kann. Ist ja logisch, oder? Lassen Sie also das Handy an und stecken Sie es für mindestens 30 Minuten in die Mikrowelle!" 
Der Chef sagt, daß er es gleich versuchen wolle und bedankt sich herzlich für die rasche und kompetente Hilfe. 
Als ich auflege und mich umdrehe, steht Frau Bezelmann hinter mir und zieht mißbilligend die Mundwinkel nach unten. 
"Wer war dasss? Wasss issst dreisssig Minuten in der Mikrowelle?!" 
"Oh ... äh ... das war ... das war Marianne aus der Teeküche. Die wollte nur wissen, wie lange es braucht, bis ein mittelgroßer Rabe in der Mikrowelle gar wird." 
Frau Bezelmann guckt automatisch auf den leeren Käfig und schnappt nach Luft, aber bevor sie auf mich losgehen kann, sage ich ganz ruhig: 
"Ach übrigens, der Chef hat gerade hier angerufen. Sein Faxgerät zu Hause hat keine Papier mehr. Ob Sie ihm nicht ein paar Meter Papier faxen könnten ..."
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