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28.04.2004 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Paunch weiter 
Anarchie
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Das Sommersemester hat angefangen. 
Das ist leider zu übersehen, weil ich mich auf dem Weg von der U-Bahn zum LEERstuhl plötzlich durch eine verfilzte Masse halbnackter, schwitzender, rauchender, saufender und im Großen und Ganzen zu lauter Erstsemester kämpfen muß. 
Apropos 'halbnackt': Warum dieses Semester alle Studentinnen ihre viel zu engen Hosen halb heruntergelassen tragen müssen, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht sollte ich doch mal bei Gelegenheit wieder Zeitung lesen anstatt nur im Hacker's Havoc zu schmökern ... Sparmaßnahmen in der Kleiderstoffproduktion? Und ich spreche hier nicht nur von denen, die sich das von der Figur her vielleicht leisten könnten, sondern von ALLEN, das heißt auch solchen, die wir in Bayern als 'guat beiananda' bezeichnen würden. 
Studenten sollte man meiner Meinung nach nur sehen und hören, wenn sie ihre Verwaltungsabgabe einzahlen (eine der neusten Erfindungen des Stoiber-Regimes). Den Rest des Semesters sollten sie am besten im Englischen Garten in der FKK-Zone bleiben und japanische Touristen beglücken. Eigentlich komisch, daß bei der ganzen aufgeheizten Diskussion der letzten Monate über die drastischen Sparmaßnahmen an der Uni immer nur von Fächerstreichungen und Stellenkürzungen die Rede war. Kein Mensch kommt darauf, daß man ja auch ganz einfach die Hälfte der Studenten einsparen könnte. Ich fände das sehr praktisch! 
Im LEERstuhl ist es auch nicht viel besser: wilde Haufen braungebrannter Zweit-, Viert- und Sechstsemester (weiter kommen die bei uns sowieso nie; dafür sorge ich schon!) gammeln im Gang vor meinem Allerheiligsten herum, und ihre lautstarken Palaver, was sie wieder mal für tolle Sachen in den Semesterferien angestellt haben, dringt mühelos durch meine Schutzschilde, so daß ich meine gewohnte dreistündige Siesta in der Hängematte vergessen kann! 
Sogar in der Cafete kann es passieren, daß ich zweieinhalb Minuten lang anstehen muß, und wenn ich Pech habe, schnappt mir auch noch so ein verfressener Student das letzte Schnitzel vor der Nase weg! 
Das mißfällt mir! 
Also poste ich in den einschlägigen, ökologisch verseuchten Studenten-Foren eine Meldung, daß drei Studentinnen nach dem Besuch der Cafete mit Verdacht auf Fuchsbandwurm ins Uni-Klinikum eingeliefert wurden. Am nächsten Tag habe ich wenigstens die Cafete wieder für mich - wenn auch die notorischen Sonnenanbeter-Blondinen mit mitgebrachten Rohkostsalaten und Mango-Lassi-Drinks hartnäckig den Biergarten besetzt halten. 
Naja, sollen sie ruhig: mit direkter elektromagnetischer Bestrahlung habe ich noch nie was am Hut gehabt. Außerdem freuen sich dann in zehn Jahren die Hautärzte, und in einer Zeit, wo alle über das Gesundheitssystem jammern, ist das ja endlich mal ein positiver Aspekt! 
Um meine persönlichen Finanzen vor den anstehenden Sparmaßnahmen etwas aufzupäppeln, entwerfe ich mit Photoshop einen sehr amtlich-bayerisch aussehenden Flyer (mit Wappen!), in dem im umständlichsten Amtsdeutsch erläutert wird, wo und wie man die neu eingeführte Verwaltungsabgabe pro Semester einzahlen kann und was man mit dem Einzahlungsbeleg machen soll (im Klo 'runterspülen; ich drücke es aber vornehmer aus!). Logischerweise gebe ich mein eigenes Privatkonto an; schließlich gehöre ich im weitesten Sinne auch zur Verwaltung, oder nicht? (Ich verwalte zum Beispiel die Rechner-Accounts und den Email-Server ...) Ich schicke den Flyer durch Frau Bezelmanns 'Ding-von-einer-anderen-Welt' und verteile die 1000 Kopien locker in allen Mensen, Cafeterias und sonstigen Plätzen, wo sich normalerweise verirrte Erstsemester ansammeln. 
Kaum bin ich zurück in meinem Allerheiligsten und will mich gerade nach einem anstrengenden 42-durch-fünf-Stunden-Arbeitstag nach Hause verziehen, da klopfte es und eine Studentin streckt ohne Aufforderung den Kopf in mein Büro, obwohl die Schutzschilde noch oben sind! Bevor ich überhaupt Luft holen kann, beschwert sie sich, daß sie sich im CIP-Pool nicht einloggen könne und was denn da wohl los sei. Auch diese Studentin trägt die Designer-Jeans irgendwo auf ... auf ... äh ... genau genommen sind da unten keine Knochen mehr oder sonst irgendwas, auf dem man einen Hosenbund aufsetzen könnte; es bleibt also ein Rätsel, wieso die Hose nicht sofort herunter rutscht. (Klebstoff? Muß mal bei Gelegenheit in Google nach Hosenbund-Mastix suchen ...) 
Genau kann man das aber sowieso nicht sehen, weil die Studentin in den Ferien ganz offensichtlich zu viele Ostereier verschlungen hat, und ihr ansehliches Bäuchlein (bayerisch: Wampe) über den Hosenbund quillt und die Sicht versperrt. 
(Ich seh schon: nach dieser Geschichte werde ich wieder tonnenweise Briefbomben vom Berliner Feministinen-Club 'Rosa Luchse' bekommen ...) 
Ich setze zu einer geharnischten Strafpredigt an, von wegen hart arbeitende Wissenschaftler bei wichtiger Arbeit stören etc., aber dann sehe ich gerade noch rechtzeitig, daß im Gang hinter der Studentin Frau Bezelmann mit dem Diktiergerät vom Chef lauert. Vermutlich lungert sie schon den ganzen Tag dort herum, um kompromittierendes Material über mich aufzunehmen. Das könnte sehr nützlich für Frau Bezelmann sein, wenn ich sie das nächste Mal wegen ihrer ganzen illegalen Kampfsportkurse ... hm ... erpresse, die sie seit Jahren aus dem Topf für Fortbildungsmaßnahmen beim Personalrat finanziert. 
Ich setze also mein allersüßestes Lächeln auf (ein erschreckender Anblick, der euch zum Glück erspart bleibt; zumindest noch so lange, wie diese Kolumne noch nicht als tägliche Sitcom verfilmt wird), und sage: 
"Aber selbstverständlich. Ich komme sofort; das werden wir gleich geklärt haben." 
Wir marschieren an Frau Bezelmann vorbei, die geschickt das Diktiergerät im Ärmel verschwinden läßt, und gehen 'rüber in den dicht besetzten CIP-Pool. 
Die Studentin setzt sich vor eine Workstation und nimmt einen Zettel vom Tisch, auf dem sie ihre User-Kennung und Passwort notiert hat. Weil Frau Bezelmann immer noch in Hörweite ist, bleibe ich ganz ruhig und erkläre in väterlich-tadelndem Ton, daß man das Passwort aus Sicherheitsgründen eigentlich nirgendwo aufschreiben und schon gar nicht unbeaufsichtigt herumliegen lassen sollte. 
"Oh!" 
sagt die Studentin ungläubig, und ich mache mir einen geistigen Vermerk, später alles, was unter diesem Account herumgammeln sollte, einschließlich aller Backups für immer vom Angesicht dieses Planeten zu fegen. 
Dann fordere ich die Studentin auf, doch bitte noch einmal einen Einlogg-Versuch zu unternehmen, damit ich sehen kann, was schiefläuft. Sie setzt sich in der klassische Hohlkreuz-Positur, die man in Zehn-Finger-Schreibmaschinenkursen eingebläut bekommt, an die Tastatur, und hackt ihre Kennung ein. Beim Passwort, das sie natürlich nicht auswendig kann, beugt sie sich vor, um ihren Zettel lesen zu können. Ohne daß sie es mitbekommt, schreibt dabei ihre vorquellende Wampe ein Dutzend Leerzeichen mit ins Passwort! Großer Core-Dump! 
Ich schließe für zwei Sekunden die Augen, um nicht gleich in die Luft zu gehen. Als ich sie wieder aufmache, sehe ich aus den Augenwinkeln, daß Frau Bezelmann es aufgegeben und das Feld geräumt hat. Bestens! 
"Verblüffend", 
sage ich Verwunderung heuchelnd. 
"Lassen Sie mich doch mal!" 
Ich tippe User und Passwort ein und es klappt natürlich sofort. Die Studentin ist baff. 
"Aber ... aber ... wieso ...", 
stottert sie. 
BULLSHIT MODE ON 
"Tja", 
sage ich, 
"natürlich gibt es dafür eine logische(!) Erklärung. Darf ich fragen, ob Sie Rechtshänder sind?" 
Die Studentin bejaht dies. 
"Und Sie essen gerne Milchschokolade?" 
Die Studentin gibt es unumwunden zu. 
"Und musisch begabt?" 
"Naja ..." 
"Dachte ich's mir doch: Sie sind der typische linksreflektorisch-transponierte Cerebraltypus!" 
"Wa ... linksreflex ...?" 
"Linksreflektorisch-transponierter Cerebraltypus. Das ist gar nicht so selten heutzutage: Ihre beiden Gehirnhälfte geben ihren Fingern zum Teil widersprüchliche Signale. Normalerweise merken Sie nix davon, weil sie ja über die Augen kontrollieren können, was Ihre Finger schreiben, aber beim Eingeben des Passwortes fehlt dieser Feedback, verstehen Sie? Weil ja das Passwort am Bildschirm nicht dargestellt wird ..." 
"Ach so, ja ..." 
"Und weil Sie vermutlich ein linksreflektorisch-transponierter Typus sind, schaffen Sie es nie, das Passwort richtig einzugeben." 
"Oh ..." 
"Aber das ist gar kein Problem. Es gibt eine ganz einfache Lösung: Sie müssen die Eingabe nur spiegelverkehrt machen, so daß Ihre rechte Großhirnhälfte getäuscht wird." 
"Spiegelverkehrt?" 
"Ja. Da wir hier keinen Spiegel haben, ist es das Einfachste, Sie stellen sich hinter den Bildschirm, greifen mit beiden Armen darum herum und geben von dort aus ein. Am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber Sie werden sehen, dann klappt es wenigstens problemlos." 
Der ganze CIP-Pool hat inzwischen die Arbeit eingestellt und beobachtet verblüfft, wie die Studentin sich 'spiegelverkehrt' einloggt. Zum Glück haben wir schon moderne LCD-Displays im CIP-Pool, sonst hätte es mit der Wampe womöglich noch Probleme ganz anderer Art gegeben. Die Studentin schafft es auf Anhieb, sich einzuloggen und ist restlos begeistert. Wenn sie wüßte, daß in ein paar Minuten von ihrem Account sowieso nix mehr da sein wird! 
Drei Tage später komme ich zufällig am CIP-Pool vorbei und sehe zu meiner nicht geringen Belustigung gleich drei Studentinnen, die sich gerade 'spiegelverkehrt' einloggen. Und das Beste ist: alle drei sind recht 'guat beiananda' ...
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