- Ich weiß ja nicht, wie es euch ergeht, aber ich bekomme zur Zeit ca.
vier bis fünf Tausend Spam-Mails pro Monat. Prinzipiell habe ich gar nix
gegen Spam. Sicher auch ein bequemer Weg, die Leute in den Wahnsinn zu treiben.
Was die ganzen Spams allerdings in meiner Mailbox zu suchen haben, ist
mir nicht so ganz klar:
Erstens lasse ich mich - schon von Berufs wegen - nicht in den
Wahnsinn treiben, und zweitens ist das Spammen eines Bastards ungefähr das
Gleiche wie Eulen nach Athen tragen.
(Großer Core Dump! Das war jetzt mal wieder ein geiler rhetorischer
Ausrutscher: ein Bastard verwendet gefälligst keine altphilologischen
Metaphern, häh? Hier also die Übersetzung für wahre
Bastard-Fans: Eulen nach Athen tragen ist das Gleiche wie auf einem
Linux-System auch noch Windoofs zu installieren, wie Buntstifte kaufen, wenn
man einen Farblaserdrucker in der Ecke stehen hat, wie ein Taschenrechner von
Aldi klauen, wenn man zu Hause eine Grid-Engine rumlungern hat, klar?
Ok.)
Zum Glück bleibt der meiste Schrott in meinem Spam-Assassin hängen,
und mit ein wenig Glück (d.h. runter gedrehtem Hit-Level) erwischt er auch
noch 98% der User-Mails.
In der vorletzten Ausgabe von Hacker's Havoc war übrigens ein Artikel
über die neuesten DAU-sensitiven Spam-Engines. Das sind Software-Agenten,
die automatisch die Vorlieben und Einkaufsgewohnheiten der DAUs analysieren und
dann die Opfer gezielt mit selektierter Werbung eindecken. Also, wenn die
Spammer, die mich eindecken, wirklich so was verwenden, dann
müssen die ja 'ne recht merkwürdige Vorstellung von mir haben.
Schauen wir mal die 1000 Spams der letzten Woche grob
durch:
Demnach bin ich ein triebgesteuerter Sex-Maniac mit einem breiten Spektrum an
Vorlieben, wie zum Beispiel Blind Dates, Kinderpornos, Homosexualität,
Heterosexualität, Sodomie, Fellatio-Fetischismus, Unterhosen-Fetischismus,
Cunnilingus mit Vanille-Geschmack, Defloration sahneverzierter Jungfrauen etc.
etc.
Wahrscheinlich wegen diesen ganzen ausgesprochen Testosteron-lastigen Hobbies
brauche ich dringend Silikon-Implantate, wahlweise auch eine radikale
Brustverkleinerung, weil mein Busen offensichtlich zu groß, zu klein oder
einfach nicht richtig zur Geltung kommt.
Ich habe einen größeren Viagra-Verbrauch als drei vergreiste
Ballettmeister zusammengenommen und vergrößere jede Woche
künstlich meinen maskulinen Wurmfortsatz. Gleichzeitig bin ich absolut
pleite, weswegen ich dringend einen Kleinkredit brauche, andererseits scheine
ich vorzuhaben, mir eine luxuriöse Immobilie im Münchner Süden
zu kaufen. Ich sammle krankhaft private Krankenversicherungen, habe ein Dutzend
verschiedene Tintenstrahldrucker zu Hause und tapeziere mein Wohnzimmer mit
Windoofs XP Lizenzen.
Ach ja, und in letzter Zeit benötige ich dringend einen Push-Up-Bra, und
mein Giro-Konto wäre die ideale Geldwäsche-Station für
ungenutzte UN-Hilfsfonds.
All diese hektischen Aktivitäten haben mich logischerweise schon mit einem
Fuß ins Grab gebracht, weswegen ich die Dienste tausender illegaler
Medikamenten-Versand-Agenturen in Anspruch nehme.
Muß ganz schön anstrengend sein, so ein Leben. Vermutlich deshalb
auch die zahlreichen Aufforderungen, sich schon mal einen Sarg fürs Leben
auszusuchen.
Das Telefon klingelt, und ich laß es klingeln, weil ich meinen
Ausredenkalender gerade nicht finden kann.
12einhalb Sekunden später steht Jenny in der Türe. So und so,
erklärt sie brüsk. Sie fühle sich durch die anhaltende Spam-Mail
in ihrer feministischen Menschenwürde beeinträchtigt. Besonders
beleidigend seien die ganzen frauenverachtenden Werbungen über so
Vergrößerungen und so weiter. Das klinge eindeutig so, als ob Frauen
nur ... naja, ich würde schon verstehen.
Ich gucke Jenny erwartungsvoll-fragend an und lege den Kopf auf die Seite, wie
ein Bernhardiner, der das erste Mal 'Verbotene Liebe' im Fernsehen
sieht.
- "... äh ... du weißt
schon ...",
- fährt Jenny unsicher fort,
- "die implizieren, daß es immer nur auf die Größe und so
ankommt ..."
"Die Größe der Spam-Mails?"
- frage ich interessiert.
- "Wieso? Hast du keinen Platz mehr in deiner
Mailbox?"
- Jennys Gesicht überzieht sich langsam von unten nach oben mit
tomatiger Röte.
- "Quatsch! Ich meine die Größe des ... von ... naja,
vom ... vom männlichen ... Dingsbums."
"Dingsbums? Ah, verstehe! Du meinst wahrscheinlich das
Bumsdings!"
- Jennys Gesicht wechselt auf den Farbton 'Heinz
Ketchup'.
- "Ist doch völlig egal, was ich meine!"
- keift sie wütend.
- "Jedenfalls will ich solchen Schweinskram in Zukunft nicht mehr in meiner
Mailbox sehen!"
"Aha! Und was habe ich damit zu tun?"
- Ich sei schließlich für den Mailserver zuständig,
erklärt Jenny würdevoll, also sei es auch meine verdammte Pflicht,
sie vor Spam zu schützen.
- "Ok",
- sage ich scheinbar einlenkend,
- "nehmen wir mal an, ich lösche alle Mails, in denen Bumsdings ...
ich meine, in denen das berühmte P-Wort
vorkommt ..."
"Ja, das wär' doch schon was!"
- sagt Jenny gnädig.
- "... und natürlich auch alle Varianten mit Groß- und
Kleinschreibung, mit Punkten und Blanks dazwischen etc."
"Äh ..."
"Und dann schreibt dir die Süddeutsche Klassenlotterie, daß du einen
12er mit Gigazahl gewonnen hast und daß einer Ihrer Angestellten, ein
Herr Dr. P.E. Nistebaum sich sofort auf den Weg machen wird, sobald Du den
Eingang dieser Mail bestätigt hast."
"Ähm ..."
"Und ... wutsch! ... weg ist die Mail mit den
6 Millionen!"
- Aber so leicht läßt sich Jenny nicht abschütteln. Sie holt
sich Marianne und Frau Bezelmann zu Hilfe, und zu dritt bearbeiten mich die
drei Parzen nach allen Regeln der Kunst, bis ich endlich einwillige, 'mich um
das Problem zu kümmern' (sic!).
Kaum ist das Feministinnen-Trio abgezogen, gehe ich auf unseren Mail-Server und
blockiere als allererstes alle Email-Auslieferungen. Ein rascher Check in den
Home-Directories der Mitarbeiter ergibt, daß fast alle in ihrem
Spam-Filter den Hit-Level 4.0 eingestellt haben. (Für die
hoffnungslos Unbedarften unter euch: der 'Hit-Level' legt fest, ab wie vielen
mehr oder weniger eindeutigen Spam-Merkmalen eine Email vom Filter als Spam
deklariert und ausgemerzt wird!).
Ich schreibe also ein niedliches kleines Skript, daß alle Spam-Mails mit
einem Hit-Level von weniger als 4.0 ein paar tausend Mal kopiert und dann
zwanglos an alle Mitarbeiter-Adressen verschickt. Nach kurzem Überlegen
und weil ich ja auch ein wenig Spaß an der Sache haben möchte,
installiere ich bei allen Usern ein kleines Programm, das immer ein lautes
'Bing!' auf die Soundkarte knallt, wenn eine Email empfangen wird. Dann warte
ich, bis ich normalerweise nach Hause gehe (also so gegen 14 Uhr; ich
halte gar nix von Stoibers 42-Stunden-Woche!), und gebe den blockierten
Mail-Server wieder frei. Ein paar hunderttausend aufgestaute Spam-Mails werden
alle auf einmal an die DAU-Rechner (Clients) ausgeliefert, und an in allen
Räumen des LEERstuhls fängt es an, lautstark zu
bimmeln.
Fast wie in Las Vegas, wenn alle Jackpots gleichzeitig geknackt werden, denke
ich fröhlich und verdrücke mich durch den Notausgang, bevor Marianne
mit ihrem Posaunenkasten auftaucht.
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