- Man möchte es nicht glauben, aber unser Netzwerk ist immer noch
abhängig von der Deutschen Telekom: die Verbindung zum Hochschulnetz
läuft immer noch über gemietete Leitungen!
Normalerweise ist mir das ja wurscht, aber manchmal ärgert man sich halt
doch, daß man nicht die volle Kontrolle hat!
Andererseits: man muß halt das Beste daraus machen; das schließlich
ist es, was einen wirklich guten Bastard Ass(i) ausmacht!
Punkt 10 Uhr 45 rufe ich bei der Telekom-Hotline
(Großkunden-Service) an und beschwere mich wütend, daß es immer
wieder zu Aussetzern bei der Datenübertragung von unserem Router ins
Hochschulnetz kommt. In Wirklichkeit kommen die Aussetzer natürlich gar
nicht von der Leitung sondern von dem modifizierten TCP/IP-Treiber, den ich
gestern auf unserem Router installiert habe. Aber das kann der Telekom-Techniker
ja nicht wissen. Alles, was er sehen kann, ist, daß es immer wieder zu
Verzögerungen beim ping kommt. (Erklärung für
Netzwerk-Unbedarfte: 'ping' ist das gängige Kommando, um zu checken, ob
eine bestimmter Rechner im Netz zu erreichen ist.)
Die Hotline verspricht, sofort einen Techniker vorbei zu schicken, und ich
starte meine Stoppuhr. Tatsächlich stehen schon 46 Minuten später
zwei hechelnde Blaumänner vor meinem Büro, bewaffnet mit einer
IT-Ausrüstung, die für ein mittelgroßes Atom-U-Boot reichen
würde. Als erstes scheiße ich beide gründlich zusammen, weil sie
die garantierte Response-Time von 45 Minuten um 50 Sekunden
überschritten haben. Entsprechend eingeschüchtert gehen die beiden
Telekom-Techniker ans Werk. Natürlich finden sie nichts, weil der Leitung
ja gar nichts fehlt. Gegen halb zwölf geben sie es auf und gehen erstmal
zum Mittagessen - genau wie ich es vorausgesehen habe.
Sobald die beiden außer Sichtweite sind, öffne ich die gut getarnte
Inspektionsluke im Damenklo, von wo man mühelos an den Hauptkabelkanal
kommt, und durchtrenne mit der Gartenschere des Hausmeisters das Telekomkabel.
Natürlich bricht daraufhin die Internetverbindung zum Hochschulnetz
vollkommen zusammen, und es dauert keine 50 Sekunden bis die ersten
Web-Junkies aufgeregt im Rechnerraum auftauchen.
- "Was ist denn nun schon wieder mit der IN-Verbindung
los?"
- ereifert sich der Kollege O.
- "Erst tröpfelt es den ganzen Vormittag nur so dahin, und jetzt geht gar
nichts mehr!"
"Hast Du etwa wieder am Router herumgefummelt?"
- erkundigt sich drohend Marianne bei mir.
Ich beteuere wahrheitsgemäß, daß ich heute nichts aber auch gar
nichts mit dem Router gemacht habe. Schließlich habe ich ihn ja nicht mal
angefaßt.
- "Ich hab' auch keine Ahnung, was los ist",
- erkläre ich treuherzig-ratlos.
- "Das Einzige ... vielleicht ..."
"Ja? Was? Spuck 's aus!"
"Naja",
- sage ich bedeutungsvoll,
- "seit etwa einer Stunde ist die Telekom im
Haus ..."
- Erwartungsgemäß entlädt sich der geballte Ärger der
Kollegen sofort gegen die Telekom. Wahrscheinlich deshalb, weil sich
große, träge Institutionen nunmal erstklassig als
Sündenböcke eignen. Man denke bloß über das ständige
Geschimpfe über den Staat, den CIA oder noch schlimmer: über die
Uni-Verwaltung.
- "Das ist ja wieder mal typisch!"
- kocht Marianne über.
- "Wo stecken die Burschen denn überhaupt?!"
- Als ich der erhitzten Volksseele erkläre, die Herren seien beim
Mittagessen, kennt die kollektive Empörung der Kollegen keine Grenzen
mehr.
- "Eine Frechheit, so was!"
"Null Ahnung von Kundenservice!"
"Na, die werden was zu hören bekommen, wenn sie
zurückkommen!"
- verspricht der Kollege O., und Marianne macht sich vorsorglich schon
mal auf die Suche nach ihrem Titan-Posaunenkasten.
Ich mache mich unauffällig aus dem Staube, schicke schnell noch eine
lapidare Email an alle Mitarbeiter und Studenten, daß in der nächsten
Zeit nicht mit einer Wiederaufnahme des Internetbetriebs zu rechnen sei, und
trete meinen lange geplanten Urlaub auf Teneriffa an.
Und was lernen wir aus dieser Episode? Das Wichtigste ist, daß man
immer einen geeigneten Sündenbock bereit hält. Dann kann man sich fast
alles leisten. Unsere Politiker, die wissen das übrigens schon seit
fünftausend Jahren ...
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