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14.11.2005 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Student Tsunami
Bastard Mobil from Hell weiter 
Creativity
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Es ist Donnerstags, 10 Uhr 55, ich sitze im meinem Bastard-Mobil und bin auf dem Weg zur Uni. Da ich dem Chef in einem Anfall von unerklärlicher Kooperationsbereitschaft versprochen habe, schon um 11 Uhr am LEERstuhl zu sein, verzichte ich auf den üblichen Umweg und Cappuccino-Boxenstop an meinem Stamm-Café und nehme die Abkürzung durch den Seniorenpark, auch wenn dort eigentlich nur Krankenwagen fahren dürfen. Natürlich und nach Murphy kommt es wie es kommen muß: eine Gruppe von Mummelgreisen hat beschlossen, ausgerechnet jetzt eine Rally auf dem Hauptweg zu veranstalten - komplett ausgerüstet mit allen Gehhilfen, die die geriatrische Forschung bis jetzt hervorgebracht hat. Eine Weile tuckere ich geduldig hinter dem Mummelgreisen her, die allesamt ihre Hörgeräte verlegt haben müssen, denn niemand beachtet mich, wenn ich dezent die 240 PS des Bastard-Mobils aufheulen lasse. Nach 25 Sekunden wird es mir zu bunt und ich beschließe, die Mummelgreise mit Hilfe meiner 145 dB-Fanfare ganz sacht auf meine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Ich entriegele also mit routiniertem Griff den roten Sicherheitsschalter, den ich auf einem Dresdner Flohmarkt von einem aserbaidschanischen Händler erstanden habe, der mir garantiert hatte, der Schalter stamme aus einem ausdienten Atomsilo, und drücke genüßlich auf den Knopf. 
Es passiert ... nichts! 
Ungläubig drücke ich nochmal ... Nichts, nicht mal ein erstickter Rülpser vom Kompressor. Wie peinlich! 
Nach weiteren nervenaufreibenden 96 Sekunden biegt die Gruppe der Mummelgreise von selber auf einen Seitenweg ab, und ich bringe den Rest des Seniorenparks mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 hinter mich. 
Das mit der streikenden Fanfare ärgert mich gewaltig. Wo bleibt da schließlich die viel beschworene Freude am Fahren, wenn man sich im Ernstfall nicht mal auf die grundlegendsten Funktionen seines Bastard-Mobils verlassen kann? (Ich hoffe übrigens, ihr wißt alle, daß 'Bat-Mobil' nur die Abkürzung für 'Bastard-Mobil' ist ...) 
Am LEERstuhl angekommen sprinte ich hinauf in die Elektrowerkstatt, um mir Werkzeug für die sofortige Reparatur der Fanfare zu besorgen. Dummerweise läuft mir der Chef über den Weg, der schon ganz kibbelig ausschaut (der Chef, nicht der Weg!). 
"Ah ... äh ... Leisch ... äh ... gut ... ähm ... gut, daß Sie ... hmm ... daß Sie ... äh ... daß Sie da sind. Wir ... hmm ... wir müssen dringend über meine ... hmm ... meine ... äh ..." 
"Dings?" 
helfe ich höflich nach. 
"... meine Dings ... Quatsch ... meine Spesenabrechnung Paris 1997 ... äh ... äh ... sprechen ..." 
Richtig! Die Spesenrechnung! Hatte ich ganz vergessen! 
"Also ... äh ... Herr ... äh ... Herr Leisch ... hmm ... ich ... wir ...", 
fängt der Chef an, aber ich lasse ihn gar nicht erst in die Details abschweifen. 
"Ich muß leider ganz dringend eine ... äh ... Demo für den stellvertretenden Rektor und eine Wirtschaftsdelegation aus Molvanien vorbereiten", 
unterbreche ich den Chef. 
"So?" 
sagt der Chef überrascht, der selber ein Faible für Demos hat, 
"und wann ... hmm ... wann kommen die ... äh ... die Herren denn ...?" 
"Äh ... um drei Uhr nachmittags", 
improvisiere ich rasch. Um halb drei geht der Chef nämlich jeden Donnerstag zum Golfen. 
"Schade ... äh ... sehr schade ... hmm ... äh ... richten Sie dem ... äh ... dem ... äh ... dem Dekan meine Grüße ... äh ... aus ... hmm ... und sagen Sie ihm, daß ... äh ... daß ich leider verhindert ... äh ... bin ..." 
Ich versichere dem Chef wahrheitsgemäß, daß ich dies dem Dekan wortwörtlich ausrichten werde - wenn ich ihn sehe. 
Dann öffne ich mit meinem nachgemachten Generalschlüssel die Werkstatt der Haustechnik, schnappe mir 30 Kilo Werkzeug und Diagnose-Geräte und schleppe das Zeug hinunter in die Tiefgarage. Das Bastard-Mobil beobachtet mich mißtrauisch aus abgeschalteten Scheinwerfern, während ich mich ihm ganz langsam und vorsichtig nähere, damit es nicht schon durch den Anblick der Werkzeuge scheu wird. 
So und so, erkläre ich ihm mit lauter Stimme (das Bastard-Mobil ist ziemlich taub; das hat vielleicht auch was mit der Fanfare zu tun ...): seine Fanfare sei ja ganz offensichtlich kaputt, also werde ich zuerst mal nur versuchen, herauszufinden, woran es denn liegen könnte. Es tue ganz bestimmt nicht weh, erkläre ich beruhigend dem zitternden Bastard-Mobil. Ich öffne die Motorhaube und klemme Meßstrippen an die Kontakte der Fanfare. Beim Drücken der Hupe passiert nichts: keine Spannung. Ich überprüfe die Sicherung, die Kabelzuführungen auf Marderbisse, den Durchgangswiderstand des Kompressors: alles ok. 
Kopfschüttelnd will ich gerade die Meßstrippen abnehmen, da geht die Fanfare von selber los! 
Habt ihr schon mal eine 145 dB-Fanfare ohne Gehörschutz und Earplugs in einer Tiefgarage erlebt? In eurem Interesse hoffe ich, nicht! Ich geb' euch einen Tipp, Leute: So ähnlich muß sich eine Fliege vorkommen, die sich in einem Rachmaninov-Konzert in der ersten Posaune verirrt hat! 
Beim nächsten geparkten Auto poppen sämtliche Radkappen weg. Ein junger Fundamentaltheologe, der gerade mit seinem Volvo die Rampe herunterkommt, verreißt das Steuer und schleudert seitlich in vier geparkte Autos. Eine ältere Anglistik-Dozentin, die gerade drei Reihen weiter ihr Auto aufsperren wollte, fällt in Ohnmacht. Der Hausmeister, der Hilfshausmeister und der Gehilfe des Hilfshausmeisters, die gerade an anderen Ende der Tiefgarage ihren geliebten Schneepflug für den Winter fit machen, erleben mit Grausen, daß alle vier Fensterscheiben der Fahrerkabine plötzlich Sprünge bekommen. Bei zwei Dutzend geparkten Autos heult die Alarmanlage los, was den Lärmpegel aber nur unmerklich anhebt. Die automatische Feuerschutzanlage denkt mit Recht, daß in der Tiefgarage etwas Ungewöhnliches abgeht und schaltet sicherheitshalber sämtliche Sprinkler ein. 
Nur durch Abklemmen der Batterie gelingt es mir endlich, die höllische Fanfare zum Schweigen zu bringen. Wütend gebe ich dem Bastard-Mobil einen Tritt in den Kühlergrill und drohe ihm, ein Jahr lang nur noch 84 Oktan zu tanken, wenn es so etwas noch einmal machen würde. (Übrigens ein komisches Gefühl, wenn man schreit so laut es geht, und nichts davon hören kann ...) 
Mir reichts bis obenhin! Ich warte, bis sich mein Gehör wieder einigermaßen regeneriert und die angerückte Feuerwehr die Tiefgarage wieder freigegeben hat, und fahre dann das Bastard-Mobil hinüber zu einer Vertragswerkstatt. Sollen die sich doch damit herumärgern! Wozu gibt es Profis für solche Fälle! Auf dem Weg zur Werkstatt bilde ich mir ein, daß sich in das normale Motorgeräusch ein hämisches Kichern mischt. Aber das kann auch an den Nachwirkungen des Gehörschocks liegen. In der Werkstatt erkläre ich dem Meister lapidar, daß die Hupe kaputt sein, und schaue zu, daß ich aus der Halle komme, bevor jemand das Bastard-Mobil anfaßt. Ich bin noch keinen Block weit gegangen, da höre ich das vertraute Geheule der Fanfare loslegen, und ein paar Minuten später kommt mir schon wieder der Löschzug der Feuerwehr entgegen. 
Am nächsten Morgen berichtet mir der wütende Werkstattleiter, der durch seinen Glaskasten einigermaßen geschützt war, daß die halbe Belegschaft mit Tinnitus im Krankenhaus liege, und daß sie immer noch nicht wüßten, wieso die Fanfare manchmal von selber losgehe. Aber immerhin sei es ihm inzwischen gelungen, den Diagnose-Chip des Bastard-Mobils auszulesen. 
"Und wissen Sie, was in der Fehlerdiagnose gespeichert war?" 
ereifert sich der Werkstattleiter erregt. 
"Da, wo normalerweise nur die Fehler-Codes stehen?! Wo normalerweise gar nichts anderes gespeichert sein dürfte?!!" 
Ich versichere vorsichtig, daß ich keine Ahnung hätte. Mit vor Wut überschnappender Stimme brüllt der Werkstattleiter: 
"Da steht einfach nur drin: 'Hupe, wenn Du Bastards magst!!!'"
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