- Ermäßigungen - ganz gleich welcher Art - sind sexy!
Das weiß jeder - spätestens seit der Einführung des
Rabattgesetzes! Und Bastard-Werbefachleute aller Schattierung sorgen
täglich dafür, daß das auch so
bleibt.
- "Giga-pack Corn Flakes: buy two, get one free!"
"Kaufen Sie 1 Million Strohhalme im Jumpopack und sparen Sie 79% gegenüber
der normalen Packung!"
- Selbst bei großzügiger Benutzung von fünf 'straws' am Tag
(warum sagt man eigentlich in allen Sprachen immer noch 'Strohhalme', zum
Geier! Ich habe schon seit 40 Jahren kein Stroh mehr gesehen!),
bräuchte man rund 548 Jahre, um die Packung aufzubrauchen! Trotz
dieser einfachen Rechnung, zu der allenfalls Hauptschulkenntnisse erforderlich
sind, kaufen selbst promovierte Akademiker - z.B. Beispiel unser Financial
Director - die 'Jumbopackung' - einfach weil Sparen geil
ist!
- "Buy two pants and get one pair of socks free! And take off another
10%"
- Auf meinem letzten Trip nach Santa Barbara - angeblich wegen einer
Projekt-Besprechung an der UC, in Wahrheit, weil da unten das Meer wärmer
ist als in San Fran - verschätze ich mich auf der Rückfahrt
total in der Fahrtdauer und werde mitten im Central Valley von der Dunkelheit
überrascht. (Ich vergesse immer wieder, daß mein Mustang zwar
theoretisch 240 fährt, aber eben nur theoretisch, weil praktisch ab 110
saftige Strafen fällig werden!)
Ich biege also beim nächsten McDonalds-PizzaHut-Motel-IHOP-Konglomerat ab
und suche nach der teuersten lokalen Übernachtungseinrichtung (Spesen!).
Der Mann am Empfang ist super-freundlich und hat mich im Nu zu einer
Executive-Suite für lächerliche 99 Mäuse
'überredet'.
- "Haben Sie Anspruch auf irgendwelche
Ermäßigungen?"
- fragt er mich in routinemäßigem Ton, während er geübt
die Anmeldung für mich ausfüllt.
- "Nicht daß ich wüßte",
- sage ich zerstreut, während ich in der Liste lokaler Steak-Houses
blättere.
Der Rezeptionist, ein kleiner Hispanic mit grauen Schläfen und
goldglitzerndem Lächeln, schaut ungläubig von seinem Formular
auf.
- "Keine Mitgliedschaft im AAA? Sierra Club? Rotary?
Lions?"
- Ich schüttele bedauernd den Kopf. Das goldglitzernde Lächeln des
Rezeptionisten bröckelt etwas.
- "Aber irgendetwas werden Sie doch haben?"
- bettelt er eindringlich.
- "Irgendwelche Coupons von Ihrem Reisebüro? Rabatt-Karten? Vons?
Maycis? SuperDrugs? Eine Nordstroem-Kundenkarte?"
"Nope. Sorry."
- Der Rezeptionist ringt verzweifelt die Hände. Auf seiner Stirne
erscheinen feine Schweißperlen.
- "Aber ... aber wir geben IMMER Rabatt. Das gibt's doch gar nicht! Hat
Ihre Firma vielleicht eine Corporate-Rate-Vereinbarung mit Holiday Inn?
Oder ... oder irgendeine andere
Hotelkette ...?"
- Ich schüttele den Kopf.
- "Ich bin bei keiner Firma. Ich arbeite an der
Universität ..."
- Der Rezeptionist stürzt sich auf diese Information wie ein
ausgehungerter Tiger auf einen McRib nach 6 Wochen
Brigitte-Diät.
- "Ah! Universität! Sehr gut! Hmm ... Universität ... das
heißt, Sie arbeiten für den Staat, ja?"
"Na ja, genau genommen habe ich ein
Stipendium ...",
- fange ich an, aber der Typ unterbricht mich sofort mit verzweifelt
wedelnden Armen:
- "Sie arbeiten für die Universität, die Universität
gehört den Staat, also arbeiten Sie für den Staat! Für
Staatsbedienstete haben wir einen speziellen Rabatt von
34% ..."
- Er kritzelt wild auf seinem Formular herum.
- "... das macht dann inklusive Steuern
$71,34!"
- Der Rezeptionist wischt sich den Schweiß von der Stirn und hält
mir das Formular unter die Nase, bevor ich irgendwelche Einwände
vorbringen kann.
- "Unterschreiben Sie! Hier!!!"
- Ich gehorche, und er atmet sichtlich erleichtert
auf.
- "Puh! Das war knapp, was? Und ich dachte schon, daß wir das erste
Mal, seit dieses Hotel besteht, einem Gast den vollen Preis berechnen
müßten ..."
- Weil ich ein extrem fauler Mensch bin, decke ich meinen täglichen
Pizza-Bedarf im Super-Luxus-Markt gleich um die Ecke (genauer gesagt Ecke
Telegraph und Derby). Wie alle Supermärkte in diesem Sonnensystem hat auch
dieser seine eigene Werbezeitschrift mit vielen bunten 'Coupons', die alle nach
dem Prinzip 'Buy another thing that you actually don't need and get an
additional for free!' funktionieren.
Da ich wie gesagt überproportional bequem veranlagt bin, denke ich gar
nicht daran, wegen eines dritten Stücks Butter, das ich sowieso nicht
brauche, zur Schere zu greifen. Wenn ich mich schon unbedingt auf Kosten der
Supermarktskette bereichern wollte, könnte ich viel mehr mit weniger
Aufwand erreichen, wenn ich mich in ihren Buchhaltungsrechner hackte. Alle
anderen Kunden denken dagegen, daß Rabatte ..., na, was?
Genau! ... geil sind, und schleppen bündelweise, säuberlich
ausgeschnittene Coupons zur Kasse. (Was im übrigen den Kassiervorgang fast
genauso entsetzlich verlangsamt, wie die Oma, die ihren
87-Cent-Hershy-Schokoriegel per Check bezahlt und dann zum Vergnügen der
Anstehenden auch noch gleich an der Kasse ihr check book
bilanziert.)
Wenn ich dann nach endloser Wartezeit - die sollten mal die Kasiererinnen
bei Aldi erleben! - zur Kasse komme, spult jedesmal der gleiche Film
ab:
- "Good morning, sir!"
- sagt der Kassierer.
- "'rning!"
- (Zur besseren Verständlichkeit bringe ich ab hier alle Dialoge in
deutscher Synchronfassung.)
<registrier> <registrier> <klickediklickedi>
<registrier>
- "Papier oder Plastik, sir?"
"Äh ... Plastik!"
"Wir haben auch eine spezielle Jutetasche im Angebot. Wiederverwendbar. Nur
$1,69. Wenn Sie zwei nehmen, bekommen Sie eine gratis!"
"Nein, danke!"
"Ok, das wären dann $24,56. Haben Sie Coupons, sir?"
"Nein."
- An den Nachbarkassen wird es plötzlich
still.
- "Keine Coupons? Sind Sie sicher? Die Butter ist heute im Angebot. Wenn Sie
eine kaufen, bekommen Sie ..."
"Nein! Ich habe keine Coupons! Tut mir leid!"
"Aber, sir! Sie haben doch zwei Stück Butter!"
"Ja, und? Ich bin auch bereit und in der Lage, sie zu
bezahlen!"
- Der Kassierer schaut mich an, als ob ich erklärt hätte, die
Finanzbehörden seien ein Haufen netter Kerle, die mir zu Weihnachten immer
Rosen ins Haus schickten.
Eine amerikanische Mutter, die hinter mir an der Kasse ansteht und deren
Gören vorübergehend ihre lautstarken Forderungen nach Mars-Riegeln
eingestellt haben und mich mit offenen Mündern anstarren, kramt in ihrer
Einkaufstasche.
- "Hier",
- sagt sie hilfsbereit,
- "ich habe noch einen extra Butter-Coupon. Den können Sie gerne
haben."
- Aber inzwischen bin ich bockig geworden und bestehe darauf, meine beiden
Butterstücke regulär zu bezahlen. An den anderen Kassen stockt der
Betrieb nun völlig, weil alle Kunden und Kassierer mitbekommen wollen, was
hier passiert. Der Manager des Marktes, erkenntlich an der andersfarbigen
Krawatte, erscheint auf der Bildfläche und erkundigt sich höflich, ob
es ein Problem gibt. Ich erkläre, daß ich diese zwei Stück
Butter erwerben wolle und wedele mit einem 20-Dollar-Schein. Der verzweifelte
Kassierer flüstert heftig mit seinem Boß.
Dieser denkt natürlich das Naheliegendste, nämlich daß ich als
blöder Ausländer ganz einfach das System nicht kapiert habe. Mit
einem 499-Watt-Osram-Lächeln, das er sich zum Abwimmeln von Betrunkenen
und Triebtätern angelernt hat, schnappt er sich ein Exemplar der
Supermarkt-Werbebroschüre, die überall im Laden herumliegt und die
ich jeden zweiten Tag aus meiner Mailbox direkt in den Recycling-Müll
befördere, zeigt mir den heutigen Butter-Coupon und sagt deutlich und
langsam, wie man mit einem unfolgsamen Kind spricht:
- "Hier, sir! Wenn Sie diesen Coupon einfach heraustrennen und dem Kassierer
zurückgeben, bekommen Sie die zweite Butter umsonst, verstehen
Sie?"
- Ich antworte ebenso höflich und deutlich, daß ich das
ausgezeichnet verstehe, es aber vorziehen würde, meine Butterstücke
regulär, d.h. ohne Rabatt, zu bezahlen. Und daß es meines Wissens
keinen Artikel in der amerikanischen Verfassung gebe, der mir dieses Recht
verweigere. Erwartungsgemäß löst diese Aussage einiges Gemurmel
und Stirngerunzel bei den Anwesenden aus. Wenn Amerikaner etwas nicht
vertragen, dann ist es, sich über ihre Verfassung zu mokieren. Nicht mal
hier in Berkeley, der einzigen amerikanischen Stadt, die sich einer aktiven
kommunistischen Partei rühmen darf!
Zum Beispiel ist es ganz schlecht, wenn man auf einer Versammlung der
örtlichen NRA ('National Rifle Association') bemerkt, daß es
wirklich eine zivilisatorische Errungenschaft ersten Ranges ist, daß
jeder Amerikaner das verfassungsmäßig verbriefte Recht hat, so viele
Waffen zu Hause zu lagern, wie er es für nötig hält. Was
dummerweise regelmäßig dazu führt, daß ausgerastete
High-School-Kids die halbe Schule abknallen. (Ich habe mich schon oft gefragt,
ob Lehrer und Schuldirektoren eigentlich eine Risikozulage
kassieren?)
Alle Supermarktkunden betrachten also mißbilligend dieses
ausländische Subjekt (mich), das es wagt, grundlos einen
großzügig gewährten Rabatt auf ein zweites Stück Butter
auszuschlagen.
Nur ein winziger Japaner drei Kassen weiter grinst über das ganze Gesicht.
Er winkt kurz zu mir herüber, dann hält er triumphierend zwei
Grapefruits hoch und sagt laut und vernehmlich zu seinem
Kassierer:
- "Zwei Glapefluits! Leidel kein Coupon!"
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