- Das Rechnerbenutzerbetreuungsreferat, genauer gesagt war es vermutlich die
'Bastard female Assistant from Heck' (BfAfH), hat mich nach langem und
zähem Ringen (ich habe jetzt noch blaue Flecken!) dazu gezwungen, für
die neuen Rechner im Praktikum II einen Wartungsvertrag
abzuschließen.
Einen Wartungsvertrag!
(Bedeutungsvolle Pause, in der man die Raid-Arrays in der Ecke entsetzt
aufbrummen hört.)
Für 16.000 Euro! Einen Wartungsvertrag!! Ich, der Bastard Ass(i) from
Hell, muß einen Wartungsvertrag für ein paar popelige Intel-Kisten
abschließen!!!
Ich weiß noch gar nicht, was schlimmer ist: die offensichtliche, gezielte
persönliche Beleidigung meiner technischen Fähigkeiten oder die
Tatsache, daß mir jetzt sechzehntausend Mäuse für die
Anschaffung der nächsten Beamer-Generation fehlen! Womit soll ich jetzt
bitte meine Videos gucken? Vielleicht mit dem
Vorjahresmodell?!
Während ich Salbe auf meine blauen Flecken streiche, überlege ich
angestrengt, was ein B.A.f.H. in einer solchen, noch nie da gewesenen Situation
unternehmen könnte.
Aber ich kann vor Wut keinen klaren Gedanken fassen. Um erstmal den Kopf frei
zu bekommen, marschiere ich los in Richtung CIP-Pool. Der Kollege O., der
mir im Gang entgegen kommt und schon den Mund aufmacht, um irgendwelche
idiotischen Sorgen am mich loszuwerden, wirft einen Blick auf mein Gesicht,
überlegt es sich anders, klappt den Mund wieder zu und flüchtet ins
Damenklo. Studenten aller Semester fliehen panikartig vor meinem drohenden
Antlitz.
In der ziemlich vollen CIP-Pool-Halle setze ich mich so unauffällig wie
ein Neuntsemester an einen der Rechner und scanne die 450 CIP-Rechner nach
Prozessen, in deren Aufruf Wörter wie 'Diss' oder 'Magisterarbeit' oder
'Diplom' vorkommen, und kille bei den entsprechenden Rechnern das
Betriebssystem. Ein paar lasse ich 'einfrieren', bei anderen lösche ich
die Netzinterfaces.
Schreckensschreie durchgellen die Halle, eine Studentin fällt sogar
gekonnt in Ohnmacht, ein anderer haut verzweifelt immer wieder seinen
Schädel auf die Tastatur.
Nach fünfzehn Minuten ist die Halle deutlich leerer geworden, und ich habe
mich soweit abreagiert, daß ich wieder konstruktiv denken
kann.
Zurück in meinem Büro brüte ich drei Stunden lang über dem
komplizierten Wartungsvertrag, dann wähle ich kurzentschlossen die Nummer
der Hotline. Nach den üblichen fünf Minuten Musac, die die Anrufer
milde stimmen sollen, meldet sich eine mürrische Dispatcherin. So und so,
erkläre ich brüsk den Grund meines Anrufs, es müsse dringend ein
immens wichtiges Software-Paket auf den Intel-Kisten installiert werden, und
laut Wartungsvertrag, Paragraph 231, Absatz 17, Satz 3, sei eine
Installation von Fremdsoftware durch den Kunden leider nicht zulässig,
weil sonst eventuell Ansprüche gemäß Paragraphen 34, 67
und 1547 verfallen würden.
- "Äh ..."
- sagt die Dispatcherin etwas überrumpelt. Vermutlich rufen sonst immer
nur Leute an, die die Any-Taste nicht finden können. Hah! Bevor sie auf
die Idee kommt, im Wartungsvertrag nachzuschauen, ob ich Recht habe oder nur
Bullshit daherlabere, fahre ich schnell fort:
- "In unserem Wartungsvertrag (Paragraph 12, Absatz 2) wurde eine
Response-Time von maximal drei Stunden zugesichert. Ich rechne also damit,
daß in spätestens drei Stunden von jetzt an, also um ...
äh ... genau 15 Uhr 34 und 12 Sekunden das
Software-Paket installiert ist! Sonst nehme ich mein Recht zur
außerordentlichen Kündigung des Wartungsvertrags wegen
Nichterfüllung wahr (Paragraph 14023, Absatz 3, Satz 22
kleingedruckt in 6 pt)!"
- Dann knalle ich den Hörer auf die Gabel, um der Tussi keine
Gelegenheit für irgendwelche Einwände zu geben, und leite meinen
Telefonanschluß auf die R.K.f.H. um. Bevor irgendein schlauer
Wartunsgtechniker auf die Idee kommen könnte, das Paket einfach remote auf
den Rechnern zu installieren, schicke ein kleines buffer overflow package an
den sendmail port des Mailservers, der praktischerweise auch die Firewall zum
LEERstuhl betreibt. Bis die Jungs vom Rechenzentrum reagieren werden, vergehen
mindestens vier Stunden, und solange sind wir erstmal vom Internet
abgehängt.
Keine fünf Cappuccinos später steht ein abgehetzter Techniker vor
meiner Türe. Problem ist nur, daß die Türe abgeschlossen ist,
und ich nicht in meinem Büro bin. Es dauert weitere fünfundzwanzig
Minuten, bis der nervöse Wartungsheini mit Hilfe einer sehr widerwilligen
Frau Bezelmann meinen derzeitigen Aufenthaltsort im Experimentellen
Praktikum II ausfindig macht, wo ich gerade kontrolliere, ob das
unauffällige Leck in der Lachgasanlage noch vorhanden
ist.
(Es gibt kaum ein Praktikum an unserer Universität, in dem die Studenten
so locker und fröhlich arbeiten wie in unserem Experimentellen
Praktikum II. Daß leider noch nie jemand einen Schein dafür
erworben hat, steht auf einem anderen Blatt. Aber das ist eine vollkommen
andere Geschichte, die hier nichts zu suchen hat.)
In der nitro-geschwängerten Luft des Praktikums beruhigt sich sogar der
Wartungstechniker ein wenig. Er schaut unauffällig auf seine Uhr und denkt
wohl, daß er immerhin noch gute vierzig Minuten Zeit hat - mehr als
genug für die Installation eines popeligen Software-Pakets. Im Rechnerraum
angekommen fragt er mich, um was für eine Software es sich
handele.
- "Was ganz Einfaches",
- sage ich und halte ihm eine CDROM unter die Nase,
- "ein spezieller Batteriemonitor, der die verbleibende Rechenzeit mittels
Fuzzy-Logic ermittelt."
- Der Wartungstechniker starrt mich an wie George Bush, als er erfahren
mußte, daß es im Weißen Haus keinen roten Knopf zur
Auslöschung der Russen mehr gibt.
- "Aber ... aber ...",
- stottert er.
- "Ja?"
"Aber es sind doch lauter Arbeitsplatzrechner! Die haben doch überhaupt
keine Batterie!"
- Ich wuchte den Wartungsvertrag auf den Tisch und deute wortlos auf
Paragraph 267, in welchem dem Kunden das ausschließliche Recht
zugesprochen wird, über Art und Umfang der installierten Software zu
entscheiden, soweit diese nicht elementare Funktionen des OS
beeinflusse.
- "Und ich kann mir nicht vorstellen",
- bemerke ich genüßlich,
- "daß ein Batteriemonitor das OS in irgendeiner Weise negativ
beeinflußt."
- Der Wartungstechniker stöhnt und will sich an die Arbeit machen. Ich
räuspere mich bedeutungsvoll.
- "Was denn noch?"
- fragt der Techniker genervt.
- "Laut Wartungsvertrag sind bei der Installation von Software eines
zertifizierten Fremdherstellers bestimmte Prozeduren vorgeschrieben (Technical
Annex C, Paragraph 17 und 19)",
- sage ich.
- "Dazu gehört die Probeinstallation der Software und ein Reboot auf
einer Referenz-Installation. Der Referenzrechner für das Cluster steht
dort drüben."
- Ich deute auf einen 3,6 GHz Dual-Boliden, den Marianne sich für
ihre idiotischen Finite-Elemente-Simulationen reserviert
hat.
Der Techniker installiert in wenigen Minuten den vollkommen
überflüssigen Batteriemonitor und bootet den 'Referenzrechner' neu.
Es dauert keine vierzig Sekunden und Marianne steht auf der Matte,
zornschnaubend, weil ihre Simulation abgebrochen wurde, und mit ihrem
Titanium-Posaunenkasten bewaffnet.
In Erwartung etwaiger Komplikationen bei der Installation und auch weil ich die
Anwendung brutaler Gewalt eigentlich nur in Computerspielen gutheißen
kann, habe ich mich kurz vorher diskret zurückgezogen und warte das Ende
der Kampfhandlungen auf dem Gang ab.
Nachdem Marianne - zum Glück ohne mich zu sehen - das Feld
geräumt hat, schau ich nach, was von dem Wartungstechniker übrig
geblieben ist. Erst als ich einige umgestürzte 19-Zoll-Racks beiseite
geräumt habe, kann ich den Techniker an seinem linken Bein aus dem
Trümmern ziehen. Er starrt mich mit seinem noch offenen Auge an und
stammelt:
- "Was ... was war DAS denn?!"
"Das war Marianne",
- erläutere ich.
- "Wenn sie einen Mann sexuell attraktiv findet, ist sie nicht mehr zu
halten."
"A ... attraktiv?"
- Ich nicke ihm aufmunternd zu.
- "Wenn Sie auf S&M stehen, können Sie ja beim Hinausgehen mal bei
ihr vorbeischauen und sie zum Abendessen einladen.
Zimmer 324"
- Ich gucke auf meine Armbanduhr.
- "Wenn sie dann noch im Büro ist. Freitags geht sie manchmal schon um
halb vier ..."
- Der Wartungstechniker beschließt, Marianne lieber gleich
aufzusuchen.
Während ich mit halbem Ohr auf die Schreie in Mariannes Büro lausche,
verfasse ich eine offizielle Kündigung des Wartungsvertrags wegen
Nicht-Erfüllung der Response-Time.
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