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12.09.2004 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Women's Parking
BBQ weiter 
Technical Exorcist
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Der Chef ist ein begeisterter Sammler. Unter anderem sammelt er Bilder. Was Unnötigeres kann ich mir nicht vorstellen - wozu gibt es LCD-Displays? Da kann ich mir den ganzen Louvre durchscrollen, wenn das für mein Seelenheil notwendig sein sollte (allerdings hoffe ich, daß es niemals dazu kommen wird!). Auch heute ist er wieder mal auf einer Flohmarkttour, und als er in den LEERstuhl zurückkommt, begegnen wir uns zufällig im Gang, gerade als ich vor einer Gruppe verzweifelter Studenten in mein Allerheiligstes flüchten möchte. 
(Warum unsere Studenten in einem permanenten Zustand der Verzweiflung sind, überlasse ich eurer Fantasie. Ihr kommt bestimmt selber drauf!) 
"Ah ... äh ... Herr ... ähm ... Herr Leisch ... äh ..." 
Der Chef drängt sich rücksichtslos mit in mein Büro. Unter den Arm geklemmt hält er ein riesiges, in tropfendes Packpapier gehülltes Paket. 
"Das ... äh ... das MÜSSEN Sie sich ... ähm ... anschauen! Das habe ich ... ähm ... habe ich gerade auf dem ... dem ... äh ... dem ..." 
"Dings?" 
frage ich hilfreich. 
"... auf dem Dings ... Quatsch! Auf dem Flohmarkt in der ... äh ... Arnulfstraße er ... äh ... erstanden ..." 
Während ich zum hundertsten Male beteuere, daß ich nix von Kunst verstehe und daß ich eigentlich schon längst in der Fakultätssitzung sein müßte und schließlich sogar behaupte, daß da draußen vor dem Fenster gerade eine Atombombe gezündet wurde, packt der Chef, an dem alles abprallt wie Pingpongbälle an einer Granitwand, liebevoll sein neuestes Bild aus. 
"Ähm ... na! Hier! Was ... äh ... sagen Sie jetzt? Ein echter Severinus Xali!" 
Der alte Schinken hat ungefähr das Format eines 36-Zoll-Breitformat-Displays und ist in so düsteren Ölfarben gehalten, daß man am liebsten spontan losheulen möchte. In der Mitte schwebt eine altmodische Badewanne mit Krallenfüßen in der Luft, die irgendein durchgeknallter Typ mit einer Powerflex in zwei Teile geschnitten hat. In der Wanne liegt ein nacktes Mädchen, das eine grüne Rose quer im Mund hält und eine Zeitung liest. Offensichtlich aus ökonomischen Gründen hat der Typ mit der Powerflex das Mädchen gleich mit durchtrennt. Der untere Teil des Bildes ist weitgehend in Rot gehalten. 
"Ein echter ... hrrrm ... echter Xali", 
wiederholt der Chef andächtig und dreht das Bild ein wenig, damit er es auch bewundern kann. 
"Diese Dichte der ... ähm ... der Komposition! Diese sublime Botschaft! Was ... äh ... was sagt Ihnen dieses Bild, Leisch?" 
Ich zucke mit den Achseln. 
"Beats me! Vielleicht, daß man lieber duschen sollte anstatt ein Bad zu nehmen?" 
Der Chef wirft mir einen verwunderten Blick zu und dreht das Bild ganz zu sich herüber. 
"Ich finde", 
sagt er bedächtig und schiebt die Brille auf die Stirn, 
"ich finde, dieser ... äh ... dieser wunderschöne Xali zeigt eine altmodische Badewanne mit Krallenfüßen, die ein ... äh ... Mann mit einer ... hm ... einer Powerflex durchtrennt hat. In der durchtrennten Wanne liegt ein ... hmm ... eine Frau mit einer grünen Rose im Mund und die eine Zeitung liest. Die Frau ist offensichtlich mit durchgetrennt worden. Und im unteren Bildteil ... ähm ... sammelt sich das Blut an." 
Ich gucke dem Chef über die Schulter und sage: 
"Da wär' ich nie drauf gekommen!" 
Der Chef erklärt glücklich, daß der neu erworbene Xali gebührlich gefeiert werden müsse. 
"Warum ... äh ... warum veranstalten wir nicht heute unser ... hmm ... unser lange verschobenes Insituts-Picnic?" 
"Heute?!" 
Ich gucke aus dem Fenster in den strömenden Regen. In gewisser Weise ist der Gedanke faszinierend. 
"Sind Sie sicher, daß heute dafür der geeignete Tag ist?" 
Der Chef ist absolut sicher und weist mich an, sofort alle Mitarbeiter und Studenten zu alarmieren und alles Weitere zu veranlassen. Dann eilt er mit seinem Xali weiter zu Frau Bezelmann ins Sekretariat. 
Entweder verfügt der Chef über prophetische Fähigkeiten oder er hat Beziehungen ganz nach oben, von denen ich nix weiß. Jedenfalls lichtet sich am Nachmittag nach 45 Stunden Dauerregen tatsächlich der wolkenverhangene Himmel ein wenig und es hört auf zu plattern. Mürrische Studenten und noch mürrischere Assistenten, die viel lieber in ihren warmen, gemütlichen Büros geblieben wären, trotten hinunter auf die Terrasse vor der Cafeteria und beginnen unter Anleitung des Kollegen Rinzling Picnic-Gerätschaften aufzubauen. Schon nach kürzester Zeit passiert die uralte, schon seit babylonischen Zeiten bekannte BBQ-Geschlechterteilung: Während sich die Männer einschließlich Marianne mit Bierflaschen in der Hand um die Grillroste versammeln, läßt sich die übrige weibliche Belegschaft auf den nassen Bierbänken nieder und beweist wieder mal, daß Frauen mühelos gleichzeitig reden, zuhören und das kalte Buffet vertilgen können. 
Da es immer noch nieselt, wollen die Grillkohlen nicht anbrennen. Die Grillanzünder sind offensichtlich auch feucht geworden und stinken lediglich wie gepreßte Rattenfelle. Der Kollege Rinzling holt nach kurzem Überlegen einen riesige Flasche Desinfektionsmittel aus seinem Büro und schüttet eine großzügige Ladung auf die glimmende Kohle. Es gibt eine riesige Verpuffung, die ihm die restlichen Haare vom Kopf sengt, aber tatsächlich scheint das Feuer jetzt endlich in die Gänge zu kommen.  
"Irgendwo habe ich mal von einem Wettbewerb gelesen", 
sagt der Kollege O. bedächtig, 
"bei dem es darum ging, wer am schnellsten seine Grillkohlen zum Glühen bringt." 
Das weckt das Interesse der bisher wortkargen Männer um den Grill. 
Einschließlich Marianne: 
"Man könnte einen Föhn verwenden", 
schlägt sie vor. 
"Ach was, Föhn!" 
höhnt der Bastard Hausmeister from Hell. 
"Da weiß ich was viel Besseres!" 
Zwei Minuten später ist er wieder da - mit einem professionellen 2400W-Heißluftgerät und einer Verlängerungsschnur. Der B.H.f.H. schaltet auf die höchste Leistung und richtet den heißen Strahl auf die Kohlen. Tatsächlich beginnen diese nach kurzer Zeit hellrot zu glühen. Der B.H.f.H. ist begeistert und hält noch dichter drauf. Die Kohlen werden weißglühend. Plötzlich faucht es bedrohlich, Funken regnen auf uns herab und die ganze Kohlenladung fällt durch den durchgeglühten Grillboden auf den Rasen. 
Nachdem der verlegene B.H.f.H. einen neuen Grill besorgt hat (den Grill der Alttestamentler vom dritten Stock), schlägt Marianne vor, man könne den Kohlen mit einem Flammenwerfer einheizen. 
"Und woher sollen wir einen Flammenwerfer nehmen?" 
fragt Yogi-Flop, unser Esotherik-Physiker. 
Marianne lächelt überlegen und präsentiert eine riesige Flasche Haarspray, die wir normalerweise zum Fixieren von selbst gedruckten Visitenkarten verwenden. 
Eingedenk der Erfahrung, die der Kollege Rinzling gerade gemacht hat, stellt sich Marianne gut eineinhalb Meter vom Grill entfernt auf und sprüht mit weit ausgestrecktem Arm in die Kohlen. Der Effekt ist beeindruckend: eine hell leuchtende Stichflamme lodert aus dem Grill und am Haarspraystrahl entlang bis kurz vor die Sprühkappe. Marianne macht erschrocken einen Schritt nach hinten, die Stichflamme hält mühelos mit. Alle anderen tauchen sofort in Deckung. 
(Wer an unserem LEERstuhl nicht nach kürzester Zeit lernt, zu jeder Zeit und in jeder Lebenslage in Deckung zu tauchen, der hat eine dramatisch reduzierte Lebenserwartung!) 
"Oh, mein Gott!" 
schreit Marianne, 
"was soll ich denn jetzt machen?!" 
"Draufbleiben!" 
schreie ich, 
"sonst erwischt dich die Flamme!" 
Marianne preßt die Augen zu und den Finger noch fester auf den Sprühknopf. Dadurch ist ihre Zielführung nicht mehr so ganz genau und der improvisierte Flammenwerfer erwischt die rohen Würstchen, die neben dem Grill bereitgestellt waren. Zum Glück ist die Flasche bald leer und die Flamme erlischt. Die Würstchen sind bis zur Unkenntlichkeit verkohlt und es stinkt wie im Tierversuchslabor von Loreal. Aber: die Kohlen sind jetzt tatsächlich ganz gut durchgeglüht. Dummerweise ist jetzt nix mehr zum Grillen da, und Marianne zieht los, neues Grillgut zu besorgen. 
Während sie weg ist, versuchen wir den Salat zu grillen, was aber nicht besonders gut funktioniert. Frau Bezelmann meint, aus der Art wie die Salatblätter zu dunkelbraunen, übel riechenden Klumpen zusammen schnurzeln, lasse sich nichts Gutes über die Herkunft des Salats schließen. 
"Bis Marianne wieder da ist, sind die Kohlen schon wieder ausgeglüht, und wir können von vorne anfangen", 
bemerkt der Kollege O. sarkastisch. Ich füge hinzu, daß außerdem das Bier alle sei. Aber das ist zum Glück kein größeres Problem: der B.H.f.H. organisiert einfach mittels Generalschlüssel aus dem Kühlraum der Cafeteria ein volles Faß. Durstig stehen wir um die Aluminiumtrommel herum und beratschlagen, wie wir ohne Zapfanlage an den Inhalt herankommen. 
Der B.H.f.H. versucht mit einigen Werkzeugen, die er zufällig in der Tasche seines Blaumanns mit sich führt, das Ventil aufzubekommen. Aber nichts funktioniert. 
"Man könnte mit einer Metallsäge ganz vorsichtig ..." 
"So ein Quatsch! Dann spritzt doch alles gleich heraus!" 
"Können wir nicht in Google nachschauen?" 
"Man muß etwas mit dem gleichen Gewinde wie die Anschlußschläuche der Zapfanlage haben, und dann ganz langsam hineindrehen ..." 
Schließlich produziert der B.H.f.H. einen Akkubohrer mit einem 1-Millimeter-Diamant-Bohrer und beginnt vorsichtig, die Ventilkappe anzubohren. Wir anderen warten mit leeren Biergläsern auf den erhofften Bierstrahl. 
Was dann genau passiert, kann später niemand so genau rekonstruieren. Jedenfalls löst die Bohrerei irgendetwas in dem Ventil und plötzlich schießt eine fingerdicke Bierfontäne seitlich aus dem Faß und trifft den Kollegen Rinzling mit voller Breitseite ins Gesicht. Durch den Rückstoß macht das Faß eine ruckartige Seitwärtsbewegung, so daß der Bierstrahl voll in den Grill trifft. Bevor jemand vernünftig reagieren kann, haben sich Bier und Grillkohlen gegenseitig anihiliert. 
Gerade als der Kollege Rinzling die letzten Brikettes in den Grill schüttet, schreit Yogi-Flop aus dem Fenster des LEERstuhls, daß er in Google eine Seite mit Empfehlungen zum Grillkohleanzünden gefunden habe. Ich hole schnell einen Laptop mit WLAN herunter und wir gucken uns die Seite an. 
"Äh ... sieht ... hmm ... sieht so aus, als ob ... hmm ... als ob die Methode mit dem ... ähm ... flüssigen Sauerstoff die ... äh ... schnellste sei ...", 
sagt der Chef. 
Frau Bezelmann macht uns darauf aufmerksam, daß die Napalm-Methode fast noch bessere Zeiten erzielt habe. Aber niemand weiß genau, wo die Chemiker das Napalm lagern, wogegen Yogi-Flop sich erinnert, daß im Anfänger-Praktikum Experimentalphysik II ein Versuch mit flüssigem Sauerstoff vorkam. Mit Hilfe des Generalschlüssels dringen wir ins Physikpraktikum ein und schleppen einen ziemlich schweren Thermosbehälter auf die Terrasse. 
"Und jetzt?" 
fragt der Kollege O., während Yogi-Flop den Deckel abschraubt. 
"Kippt man das Zeug einfach so auf die Kohlen, oder was?" 
"Die Reaktion könnte schon etwas heftig sein", 
meint Yogi-Flop ganz cool, 
"am besten geht ihr alle ein paar Meter weiter weg ..." 
Im Polizeibericht der AZ vom nächsten Tag steht etwas von einem notorischen Schutzengel, den Physikstudenten offensichtlich haben müssen, sonst wäre die Species schon längst ausgerottet. Außerdem macht der Autor natürlich die üblichen spitzen Bemerkungen über Akademiker, die nur linke Hände und offensichtlich kein Gramm gesunden Menschenverstand haben. 
Während ich Zeitungsausschnitte ausschneide und in meine Bastard-Mappe klebe (wie eine Künstler-Mappe nur mit Katastrophennachweisen statt Skizzen) ruft der Oberste der Klingonen an und beklagt sich BEI MIR über den sechs Meter großen Krater auf der Terrasse und daß das jetzt schon das dritte Mal sei, daß die Cafeteria-Fassade wieder aufgebaut werden müsse und überhaupt. 
Als ich wahrheitsgemäß beteuere, daß ich damit überhaupt nichts zu tun gehabt habe, meint er säuerlich: 
"Aber natürlich nicht! Trotzdem fände ich es sehr begrüßenswert, wenn Sie bis zu meiner Pensionierung nächstes Jahr nicht mehr nichts mit gar nichts zu tun haben werden ..."
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