Es gibt Tage und es gibt Tage. Letztere sind von der Sorte, der ich im
Allgemeinen aus dem Weg zu gehen pflege, indem ich daheim im Bett bleibe und
Babylon-5-Videos gucke.
Heute scheint zufälligerweise mal ein Tag von der anderen Sorte zu
sein.
- Ich greppe gerade die Mailboxen der Mitarbeiter nach interessanten
Keywords, als das Telefon klingelt. An der Caller-Id sehe ich, daß es
der Leiter des neu gegründeten Rechnerbenutzerbetreuungsreferats (RBBR)
ist. Da er in gewisser Weise eine Kollege ist (in gewisser Weise aber
auch nicht), hebe ich ab.
- "Hallöle", sage ich.
"Ähm ... hallo", sagt er, ohne sich
vorzustellen.
- Also ist er immerhin so fit, daß er weiß, daß ich
weiß, wer da anruft. (Zu kompliziert? ... Nein? Ok, dann weiter im
Text ...)
- "Was verschafft mir die Ehre?"
"Ja ... äh ... es geht um die Katholische
Theologie ..."
"Wieder mal!" werfe ich sarkastisch ein.
"Äh ... genau! Wieder mal! Ich kann ja verstehen, daß Sie nicht
begeistert sind, jetzt auch noch das Netz der Theologen betreuen zu
müssen ... ähm ... aber vielleicht hören Sie mir erst
einmal zu ... ?"
- Ich versichere, daß mein Blutdruck im Moment nur ganz schwach um den
Nennwert pendele und ich ganz Ohr sei. Der Leiter der RBBR holt erleichtert
ganz tief Luft und legt los:
So und so. Die Theologen seien schwer verunsichert, weil es bei ihnen immer
wieder im Rechnernetz zu merkwürdigen Pannen komme. Zum Beispiel
verschwänden ganze Bibelstellen plötzlich vom Server oder statt der
Web-Seite mit den päpstlichen Bullen würden plötzlich
Pornoseiten aufgerufen. Eine Theologie-Studentin habe sich sogar in Behandlung
geben müssen, weil sie unverhofft mit dem Web-Browser auf eine Gay-Page
gekommen sei und unvorbereitet dem Anblick vollkommen nackter, wohlgeformter
Männerkörper ausgesetzt worden sei .... und so weiter und so
fort!
Da ich weiß, daß der Leiter der RBBR weiß, daß ich
weiß, daß ich meine Spuren immer sehr gut verwische, gähne ich
ausgiebig und frage schließlich, was das Ganze jetzt eigentlich mit mir
zu tun habe.
- "Halten Sie sich fest!" sagt er, "der Fachbereichsrat der Theologie hat nun
beschlossen, zur Abhilfe den File-Server vom Bischof SEGNEN zu
lassen!"
- Als ich mich von meinem ROTFL-Anfall erholt habe (ROTFL = 'Rolling on the
floor laughing'), suche ich nach dem abhanden gekommenen Telefonhörer. Er
liegt hinter dem offenen Display, auf dem wie immer die KATZE friedlich
schläft, und der Leiter der RBBR ist immer noch
dran.
- "Hallo? Hallo?" quäkt es aus dem Hörer. "Sind Sie noch da? Gut!
Also, wie gesagt, eine Segnung des File-Servers, das lassen die sich nicht mehr
ausreden, und die ganze Sache soll schon nächste Woche am Sonntag
über die Bühne gehen. UM GANZ SICHER ZU GEHEN, DASS DA AUCH NICHTS
PASSIERT, wäre es mir lieber, wenn Sie ... äh ...
persönlich anwesend sein könnten ... äh ... sozusagen
als technischer Berater, oder so ... Ginge das?"
- Im Wahrheit will er natürlich nur sichergehen, daß ich zur Zeit
der Zeremonie nicht an meinem Rechner sitze und über das Netz
irgendwelchen Unfug mit dem Server anstelle. Ich versichere ihm, daß ich
mir so eine Gelegenheit sowieso niemals entgehen lassen würde, und
füge noch beruhigend hinzu, daß mir glücklicherweise keine
Kompatibilitätsprobleme zwischen Windoofs-Software und Segnungen bekannt
seien.
- "Äh ... aha ...", sagt der Leiter des RBBR - etwas
unsicher, was er jetzt mit dieser Information anfangen
soll.
"Und außerdem könnte ich den Theologen für diesen festlichen
Anlaß unseren Power-5000-Lumen-Beamer leihen, was meinen Sie? Und unsere
Dolby-Sound-Anlage. Sonst sieht und hört man ja gar nicht, was der Server
zur Segnung zu sagen hat."
- Das wirft ihn nun vollends aus dem Gleichgewicht, weil allgemein bekannt
ist, daß der Power-Beamer sonst ausschließlich in meinen
ausgedehnten Video-Sessions zum Einsatz kommt.
- "Na, schön ... äh ... ja", meint er abschließend.
"Hoffen wir mal, daß alles glatt über die Bühne geht. Vor allem
sollte der Server nicht im entscheidenden Moment ... äh ...
abstürzen. Vergessen Sie nicht: der Bischof kommt
höchstpersönlich ..."
Das vergesse ich ganz bestimmt nicht, denke ich und sage laut:
"Wo Leben ist, ist auch Hoffnung", mit einem diabolischen Grinsen,
das er zum Glück durchs Telefon nicht sehen kann, und lege auf.
In der Nacht vor der Segnung hacke ich mich natürlich in den
Theologen-Server ein. Nachdem ich alle notwendigen Veränderungen
vorgenommen habe, um sicher zu gehen, daß die Segnung ein Knüller
ersten Ranges wird, sehe ich plötzlich, daß jemand auf die
Registry-Bereiche zugreift. Vor meinem erstaunten Auge werden gleich darauf in
die Preferences einiger Benutzer - unter anderem in die des Dekans -
zusätzliche Bookmarks eingetragen; Bookmarks, deren Titel alleine schon
nicht mehr druckfähig sind! Da um 3 Uhr nachts wohl kaum ein
autorisierter Administrator an der Konsole sitzt, bleibt eigentlich nur eine
Möglichkeit.
- Sofort öffne ich eine Chat-Verbindung zu dem unbekannten
Benutzer.
- Ich: "Hi!"
Er: -
Ich: "Ist schon ok! Wir sind ganz unter uns ;-)"
Er: "Hi!"
Ich: "Und weiter?"
- Aus dem Augenwinkeln sehe ich, daß ein Trace auf meine Netzpakete
gesetzt wurde. Na, schön. Warum nicht?
- Er: "!!!Das kommt ja aus der gleichen domain?!!!"
Ich: "Stimmt! Soll ich dich jetzt auch tracen oder sagst du mir ganz einfach,
wer du bist ;-)"
Er: "Warum ich zuerst?
Ich: "Hmm, tja, weiß auch nicht. Darf ich mich vorstellen (ironisch mit
Verbeugung): Gestatten, B.A.f.H."
Er: -
Ich "Hallo? Du bist dran!"
Er: "So ein Zufall (lach) hier ist die ...
B.f.A.f.H."
- Einigermaßen verblüfft setze ich jetzt doch einen Trace auf
seine bzw. ihre Pakete, aber die Verbindung bricht sofort ab.
Ich suche im Netz nach B.f.A.f.H, aber das Einzige was da im Google hochkommt,
ist 'Büntnis für Analfabeten fon Hamburg
(B.f.A.f.H.)'
Während ich noch grübele, ob dahinter eine tiefere Bedeutung stecken
kann, oder ob die Typen tatsächlich niemanden gefunden haben, der ihre
Web-Pages Korrektur liest, läutet plötzlich das Telefon. (Ist Euch
schon mal aufgefallen, daß in meinen Geschichten das Telefon fast immer
'plötzlich' läutet? Warum ist das wohl so? Na, habt ihr schon mal ein
Telefon gehört, das un-plötzlich läutet, gewissermaßen mit
vorheriger Ankündigung? Eben!)
Keine Caller-Id, um drei Uhr nachts. Kann eigentlich nur die mysteriöse
B.f.A.f.H. sein. Ich hebe ab.
- "Hallo?"
"Hi" Eine leise, aber ziemlich markante Stimme, vorsichtig und sehr auf der
Hut - und eindeutig weiblich!
"Ebenfalls 'Hi'", sage ich ebenso vorsichtig.
- Schweigen. Im Hintergrund höre ich einen schwachen System-Beep.
Schließlich sagt sie:
- "Bist du es?"
"Ich bin's", sage ich grinsend, "und du? Bist du es auch?"
"Äh ... ja."
"Die B.f.A.f.H.?"
"Mhm."
"Die ... 'Bastard whats-o-ever from Hell'?"
"'Bastard female Assistent from HECK'", sagt die Stimme nicht ohne
Stolz.
"Heck? Wieso Heck?" frage ich verblüfft.
"Noch nie was von Heck gehört?!!"
"Doch ... klar ... 'What the heck!' und
so ..."
"Na, also! Wir 'Bastards from Heck' sind ab jetzt für die kleineren
Mißgeschicke zuständig. Ganz neu gegründetes Unterreferat mit
speziellem Sonder-Etat."
"Ich dachte immer, 'Heck' sei nur so eine Redensart?"
"War es auch - bis vor kurzem! Dann hat man in den untersten Rängen
entschieden, daß die normalen 'Hell'-Abteilungen sich zu wenig um die
wirklich lästigen, kleinen Ärgernisse der Informationsgesellschaft
kümmern. Und deshalb wurde das neue Unterreferat 'Heck'
gegründet."
- Ich spüre, wie mir der Kamm schwillt.
- "Willst du damit etwa andeuten, ICH kümmere mich zu wenig um die
wirklich lästigen Dinge?! Letztes Semester hatten wir hier auf dem Campus
eine Zunahme der Todesfälle von 75%!"
"Jajaja ... aber die kleinen Dinge, die werden vernachlässigt! Die
Fussel in der Maus, die Kaugummis in den Diskettenlaufwerken, verschwundene
Reisekostenbelege, fehlgeleitete Emails, die Fax-Scrambler, Programmierfehler
im automatischen Schließsystem, ..."
- Ich schnaube verächtlich. Kaugummis! Als ob ich für so etwas Zeit
hätte, wenn bei den Theologen der Weihbischof anrückt! Inzwischen bin
ich im Vermittlungscomputer der ISDN-Anlage und verfolge den Anruf zurück.
So, aha, der Anruf kommt aus dem Referat ...
- "Oooops! Wie hast du es denn geschafft, bei der RBBR einen Job zu
bekommen?!"
"Gute Qualifikation", sagt sie lakonisch. Keine große Kunst! In unserem
Job bekommt man jede gewünschte Qualifikation auf Knopfdruck! Trotzdem
ärgert es mich, daß ich jetzt Konkurrenz im eigenen Hause haben
soll! Und noch dazu keine Amateure wie den B.B.f.H. oder den B.H.f.H. sondern
eine echte ... hmm ... einen echten Profi! (Wie ist eigentlich die
Weiblichkeitsform für 'Profi'? Na, egal ...)
"Ich weiß genau, was du jetzt denkst", sagt sie
hämisch.
"So?"
"Du denkst 'Es kann nur einen geben!' Du solltest dich lieber daran
gewöhnen, daß es in Zukunft noch eine geben wird.
Harharhar!"
"Hrrrhrrrrmm!" Ich räuspere mich empört.
"Wir können ja die Zuständigkeiten gegenseitig abstecken: ich
übernehme die kleineren Sachen, und du die Dinger, die im Krankenhaus
enden."
- Ich überlege einen Augenblick.
- "Wäre die Segnung eines File-Servers ein kleines oder ein großes
Ding?"
"Kommt darauf an, was du mit dem Bischof vorhattest", entgegnet die B.f.A.f.H.
trocken.
"Moment mal!" sage ich. "Da kommt mir was: 'Bastard' gibt es doch nur in der
männlichen Form. Wie kommt es, daß du weiblich
bist?"
"Quatsch! Es gibt auch weibliche Bastarde!"
"Und wie heißt das dann? 'Bastardin'? Steht jedenfalls nicht so im
Duden!"
"'Female Bastard', natürlich! Im Zuge der Globalisierung sollen wir
sowieso nur noch englische Berufsbezeichnungen verwenden! Tu' nicht so, als ob
du das nicht wüßtest!"
- Ich seufze innerlich. Eine weibliche Bastardin, die Haare auf den
Zähnen hat wie Frau Bezelmann in ihren besten Zeiten und dann auch noch
eine von 'Heck'! Wahrscheinlich sagt sie konsequent 'What the Heck!' statt
'What the Hell!', 'Oh my Gosh!' statt 'Oh my God!', 'Darn you!' statt 'Damn
you!' ... das halten meine Nerven nicht aus!
- "Ich mach' dir einen Vorschlag", sage ich. "Wir teilen den Campus. Der
Nordteil gehört dir, der Südteil mir. Trennlinie: das Büro des
Kanzlers in Ost-West-Richtung. Auf diese Weise kommen wir uns nicht in die
Quere, und du kannst auch mal ein paar 'große Dinger'
angehen."
"Hmm ..." sagt sie unentschlossen.
"Ich könnte dir für den Start auch die ganzen geknackten Accounts in
der medizinischen Datenbank der Nordklinik mitgeben", versuche ich sie zu
ködern.
"Na schön", meint sie nach kurzer Denkpause, "aber unten darf das
natürlich niemand spitzkriegen ..."
- Das ist ja das Gute, wenn man lauter Bastards zu Kollegen hat: die sind
immer bereit, die Vorschriften zu umgehen - solange man nicht erwischt
werden kann!
- "Blutspakt?" fragt sie zweifelnd.
"Großer Core-Dump!" sage ich. "Wir leben doch nicht im Mittelalter! Ich
schick dir den Pakt als attachment per email. Mit PGP, versteht
sich!"
Bevor sie auflegen kann, frage ich noch rasch: "Was hast du eigentlich auf dem
Theologie-Server gemacht?"
"Oooch, nur ein paar ganz harmlose Porno-Games
installiert ..."
- Kleine Dinger! Mit so was könnte sie einen alten, gebrechlichen
Weihbischof schon unter die Erde bringen! Naja!
Pünktlich am So vormittag stehe ich mit schwarzem T-Shirt, schwarzem
Schlips und schwarzer Jeans vor dem festlich geschmückten
(Buchsbaumzweige?) Rechnerraum der Katholischen Theologie. Fast alle
Boulevard-Reporter, denen ich ausführliche Lock-Emails geschickt habe,
sind bereits da und warten auf die Ankunft des Bischofs. Hektische subalterne
Theologie-Assistenten, -Dozenten, -Aspiranten und -Professoren eilen durch die
Gänge. Der Fileserver (mit einem Buchsbaumzweig-Arrangement auf dem
14-Zoll-Rack) brummt ahnungslos vor sich hin. Alles in allem herrscht eine
nervös-feierlich aufgeladene Stimmung so ungefähr wie vor der
unmittelbar bevorstehenden Geburt des japanischen
Thronfolgers.
Endlich kommt der Weihbischof in voller Montur und umgeben von seinen niederen
Chargen. Ich werfe den Power-Beamer an und gehe zur Einstimmung auf die
Web-Seite der Heiligen Schwarzen Jungfrau von Guadelupe, weil die so
schöne liturgische Gesänge als Hintergrund-WAF-Files hat. Der Dekan
begrüßt mit vor Erregung zitternder Stimme den Bischof und stellt
ihm den zu segnenden File-Server vor. Um zu demonstrieren, daß auch er
inzwischen mit dem Internet umgehen kann, ruft der Dekan den Internet-Explorer
auf und klickt auf seine Bookmarks.
Es erscheinen unter anderem die Titel: "Vatikan Home Page" und "Gay Boys
Sucking Dicks".
Die englischsprachige Hälfte der Anwesenden hält vor Schreck die Luft
an, aber der Weihbischof merkt leider nix (vermutlich ist er zu kurzsichtig
oder zu gutmütig um so etwas überhaupt mitzubekommen) und der Dekan
ist so beschäftigt auf den Bischof einzureden, daß er ebenfalls
nichts merkt. Ein Unterassessor hechtet sich nach vorne zur Konsole des Servers
und killt den Internet-Explorer. Der Dekan guckt etwas befremdlich und bittet
dann den Bischof, mit der Zeremonie zu beginnen. Die Segnung geht völlig
reibungslos und ohne weitere Pannen vonstatten (das hättet ihr jetzt nicht
erwartet, was?). Der File-Server benimmt sich mustergültig; nur einmal
piepst er mitten in eine lateinische Formel hinein; vermutlich wurde gerade ein
Printjob vom vorigen Monat erfolgreich beendet.
Ich gucke auf meine Funkarmbanduhr. Leider etwas zu früh zu Ende, die
Zeremonie! Der Bischof wechselt noch einige leutselige Worte mit dem Dekan,
während die oberen Zehntausend des Instituts ehrfurchtsvoll um die Gruppe
versammelt stehen. Dann geht er ... nein, er schreitet würdevoll
zwischen den Stuhlreihen in Richtung Ausgang. Nach einem weiteren Blick auf
meine Uhr - es kann sich nur noch um Sekunden handeln - werfe ich
mich mit irren Blick dem Bischof in den Weg.
- "Wehe!" schreie ich mit flehentlich zur Decke erhobenen Armen. "Wehe,
wehe!"
- Ich sinke wimmernd, langsam und dramatisch auf die Knie, so daß ich
jetzt dem Bischof den Weg versperre. Die gesamte katholische Fakultät ist
wie vom Donner gerührt. Der Weihbischof betrachtet mich mit
professionell-väterlichem, aber einigermaßen beunruhigtem
Blick.
- "Was ist dir, mein Sohn?"
"Wehe!" schreie ich und deute mit zitterndem Finger in Richtung
File-Server. "Der Satan ist unter uns! Ich fühle ihn! Er triumphiert! Er
feiert seinen Sieg über die Rechtschaffenen!"
- Ich breche dramatisch zusammen und schiele unauffällig auf meine
Armbanduhr. Wieso zum Teufel passiert nichts? ... In diesem Moment
ertönt aus dem 14-Zoll-Rack des Servers ein unheimliches
Stöhnen.
- "Uuuaaarrrg .... Uuuaaaääää ...
UUuuooooaaAAAA!" ('Angriff der Killer-Zombies')
- Die gesamte katholische Fakultät fährt wie ein Mann herum und
starrt mit aufgerissenen Augen. Zwei Padres springen helfend hinzu und
stützen den wankenden Bischof.
- "Uuuuuuaaaääääh ...
häääähähähä ..." ('Mad Max III'
und 'Jurassic Park')
- Auf dem Projektionsschirm zucken Blitze über das Bild der Heiligen
Jungfrau von Guadelupe.
Ich erhebe mich auf zitternden Knien.
- "Sukkubus!" intoniere ich donnernd mit hervorquellenden Augen. "Inkubus!
Weiche, Satanas!"
- Das Projektionsbild wirft auf einmal häßliche Blasen, zeigt kurz
das Maul eines Tyrannosaurus Rex und löst sich dann in einem Chaos von
Farben und Bewegungen auf ('Des Teufels Advokat' gemischt mit der Endsequenz
von '2001 - Odyssee im Weltraum' und eine paar Pornoseiten). Ein
chaotischer Lärm dringt aus den Lautsprechern ('Koyanisquatsi',
'Schostakowitsch' und irgendeine Aufnahme des 'Musikantenstadels' durcheinander
gemischt und rückwärts abgespielt).
Im Rechnerraum bricht Panik aus. Die einen rennen nach exorzistischen
Handbüchern, andere sind auf die Knie gefallen und beten lauthals. Ein
rothaariger junger Student reißt das schlichte Holz-Kruzifix von der Wand
und schwenkt es drohend gegen den File-Server. Der Bischof wird einer Ohnmacht
nahe von seinen Padres in Sicherheit gebracht. Die Reporter tragen mit ihrem
wilden Blitzlichtgewitter zum allgemeinen Chaos bei. Alles schreit, weint,
droht, brüllt - und der besessene File-Server tobt weiter im
Hintergrund und schwelgt in unanständigen Bildern auf dem Power-Beamer. Im
allgemeinen Chaos bemerkt niemand, wie ich auf Händen und Knien
unauffällig den Raum verlasse.
Eine Woche später, im Atzinger, berichtet mir der B.H.f.H. ('Bastard
Hausmeister from Hell'), der bei keiner Katastrophe fehlen darf, daß es
der vereinten katholischen Geistlichkeit schließlich doch noch gelungen
sei, den Dämon aus dem File-Server zu exorzieren. Allerdings wurden dazu
sicherheitshalber sämtliche Daten gelöscht, die RAIDs mit Weihwasser
bespritzt und anschließend NT neu installiert. Und zwar von einer CD aus,
die per Eilboten aus Rom angefordert und angeblich vom Papst persönlich
gesegnet wurde. Ein neuer Termin für die Segnung stehe noch nicht fest und
es sei auch eher fraglich, ob der Weihbischof sich nach diesem Vorfall noch
einmal an die Universität begeben möchte.
Bleibt noch anzumerken, daß die 453. Unterkommission der
Glaubenskongregation zur Zeit angeblich an einer Empfehlung 'De Succubus
ex Machina' arbeitet, in welcher die Segnung von 'intelligenzbehafteten
Maschinen' ausdrücklich verworfen wird. Die Bischöfe werden darin
angewiesen, sich bei Segnungen in Zukunft wie bisher auf Kirchenorgeln,
Fischkutter und Feuerwehrautos zu beschränken.
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