- Das Telefon klingelt, und, weil ich zufällig gerade sowieso die
Videobänder wechseln muß (zwischen Mumie I und Mumie II), hebe ich
halt ab.
- "Hallo?"
"Äh ... hallo ... ist da die
Rechnergruppe?"
- Sympatische Stimme, weiblich, nervös, schüchtern, sexy,
unsicher - aber leider die falsche Frage!
- "Aber sicher", antworte ich mit zuckersüßer Stimme, "hier ist
die Rechnergruppe. Wie kann ich Ihnen helfen?"
"Ja, also ... ich habe ... ich wollte eine SMS über das neue
Uni-Web-Portal verschicken. Sie wissen, welches Portal ich
meine?"
- Natürlich weiß ich das; schließlich habe ich die Seite
selber eingerichtet. Die eingetragenen Messages werden allerdings nur nach
/dev/null ge-piped - nachdem ich sie mir angeschaut habe! Ganz interessant
übrigens, was unsere StudentInnen so alles über SMS verschicken!
Sicherheitshalber sage ich der Anruferin, daß ich das SMS-Portal nicht
kenne und wo das Problem liege.
- "Ja ... ich wollte das erstmal testen und hab' mir selber eine SMS
geschickt. Aber die kommt nicht an?! Und jetzt wollte ich
fragen ..."
"Hm, bei diesen kostenlosen SMS-Portalen kann man nie genau wissen, was
dahinter steckt. Könnte sein, daß sich Ihr Handy jetzt einen
SMS-Virus eingefangen hat ..."
"Einen Virus? Auf dem Handy? Ich dachte, das gibt's nur auf
Computern ..."
"Ein Handy ist auch nichts anderes als ein Microprozessor mit ein bißchen
weniger Plastik drumherum", sage ich streng, "Wußten Sie das nicht? Ich
dachte, Sie studieren an der TU!"
- Die Studentin erklärt hastig, daß sie das natürlich genau
wisse.
- "Auf den meisten Handys", fahre ich ernst fort, "sind sogar der ganze
periphere Silikon-Chipsatz und die I/O-Control-Devices praktisch isomorph zu
einer Standard-Plattform, inklusive der transmodalen
IR-Kommunikationskonfiguration!"
"---"
- (verblüfftes Schweigen) - mit anderen Worten: DUMMY MODE
ON!
- "Also kann es durchaus sein, daß Ihr Handy sich einen Virus
eingefangen hat", schließe ich messerscharf.
- Die Studentin im DUMMY MODE ist jetzt mit allem einverstanden, was ich sage.
Wenn ich erklären würde, daß ihre Strapse das Problem seien,
würde sie es auch glauben.
- "Hmm, haben Sie eigentlich Strapse an?" frage ich.
"Wie bitte?!"
"Vergessen Sie's. Nicht so wichtig. Auf jeden Fall müssen Sie den
Handy-Virus wieder loswerden, sonst erased der am nächsten Freitag den
13. Ihre SIM-Card. Geht denn das Handy noch?"
- Die Studentin versichert, daß das Handy einwandfrei
funktioniere.
- "Aha!" sage ich. "Umso schlimmer! Ein ganz raffinierter Virus, der an der
Oberfläche nicht zu erkennen ist. Bestimmt ein rumänischer SMS-Virus
der neuen Stealth-Class. Aber wir werden das Biest schon erwischen. Haben Sie
Schuhe mit hohen, schmalen Absätzen an?"
"Äh ... ja ... aber ich verstehe
nicht ..."
"Überlassen Sie das Verstehen besser mir. Schalten Sie das Handy ab
und nehmen Sie die SIM-Card heraus. Haben Sie das?"
"Äh ... Moment ... <fummelschraub> ...
okay!"
"Jetzt legen Sie die Chipkarte auf eine harte Unterlage, mit den Kontakten nach
oben und schlagen einmal so kräftig wie Sie können mit Ihrem Absatz
darauf. Durch die mechanische Schockwelle entsteht in dem piezoelektrischen
Material eine Überladung, die die parasitären Ladungen des Virus
durch den Quantentunneleffekt auslöschen kann, verstehen
Sie?"
"Aber ..."
"Mit den Kontakten nach oben! Das ist wichtig! Und zielen Sie genau auf
die Mitte der Chipkarte!"
- Sie macht es! Unglaublich! Selbst ich bin immer wieder verblüfft!
Wieder und immer wieder! Sie macht es!
- <RRRRUUUUMMMMSSSS!!!!>
- "Gut! Jetzt stecken Sie die Karte wieder ein und schalten
ein."
- <schraubfummel>
- "Ah ... uh ... ohje, da kommt nur ein
Fehlercode ..."
"Das ist schlecht. Das ist sehr schlecht! Wahrscheinlich war die Schockwelle
nicht stark genug. Haben Sie denn die Karte ganz genau in der Mitte
getroffen?"
- Die Studentin gibt zu, daß es sein kann, daß sie vielleicht
nicht ganz genau die Mitte getroffen habe.
- "Dacht' ich mir's doch!" sage ich seufzend. "Jetzt hat der Stealth sich
bestimmt schon im RAM eingenistet. Da hilft jetzt nur noch eine Radikalkur,
sonst können Sie sich gleich ein neues Handy besorgen. Haben Sie einen
Mikrowellenherd in der Nähe?"
"Ja, ich glaube, in der Teeküche ist einer ..."
"Bestens! Noch ist nicht alles verloren! Sie gehen jetzt sofort zu dem
Mikrowellenherd und legen das Handy hinein. Aber Vorsicht: OHNE DIE CHIP-KARTE!
Wir wollen doch nicht, daß der was passiert! Nur das Handy reinlegen, ok?
Mit der Anzeige nach unten! Dann schalten Sie auf die maximale Leistung und
15 Minuten. Das sollte dem Stealth genügend einheizen, daß er
das RAM verläßt. Haben Sie das alles?!"
- SIE MACHT ES! Zumindest verspricht sie, es sofort zu machen! Ich
überlege einen Augenblick, ob ich nochmal auf ihre Strapse
zurückkommen sollte. Vielleicht sollte sie erst das Handy in die Strapse
wickeln und dann ... Nee, lieber nicht. Man kann alles
übertreiben.
Ich sage ihr lieber noch, daß sie sich nicht wundern solle, wenn die
Mikrowelle komische Geräusche von sich gebe, und die Studentin verspricht,
alles ganz genau zu erledigen.
Dann lenke ich meinen Telefonanschluß auf die R.k.f.H.
(Reiseskostenstelle from Heaven) um, und starte endlich die Mumie,
Teil II.
Nervenaufreibender Job! Warum mache ich das eigentlich? Warum?
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