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19.03.2002 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Das Telefon klingelt, und, weil ich zufällig gerade sowieso die Videobänder wechseln muß (zwischen Mumie I und Mumie II), hebe ich halt ab. 
"Hallo?" 
"Äh ... hallo ... ist da die Rechnergruppe?" 
Sympatische Stimme, weiblich, nervös, schüchtern, sexy, unsicher - aber leider die falsche Frage! 
"Aber sicher", antworte ich mit zuckersüßer Stimme, "hier ist die Rechnergruppe. Wie kann ich Ihnen helfen?" 
"Ja, also ... ich habe ... ich wollte eine SMS über das neue Uni-Web-Portal verschicken. Sie wissen, welches Portal ich meine?" 
Natürlich weiß ich das; schließlich habe ich die Seite selber eingerichtet. Die eingetragenen Messages werden allerdings nur nach /dev/null ge-piped - nachdem ich sie mir angeschaut habe! Ganz interessant übrigens, was unsere StudentInnen so alles über SMS verschicken! Sicherheitshalber sage ich der Anruferin, daß ich das SMS-Portal nicht kenne und wo das Problem liege. 
"Ja ... ich wollte das erstmal testen und hab' mir selber eine SMS geschickt. Aber die kommt nicht an?! Und jetzt wollte ich fragen ..." 
"Hm, bei diesen kostenlosen SMS-Portalen kann man nie genau wissen, was dahinter steckt. Könnte sein, daß sich Ihr Handy jetzt einen SMS-Virus eingefangen hat ..." 
"Einen Virus? Auf dem Handy? Ich dachte, das gibt's nur auf Computern ..." 
"Ein Handy ist auch nichts anderes als ein Microprozessor mit ein bißchen weniger Plastik drumherum", sage ich streng, "Wußten Sie das nicht? Ich dachte, Sie studieren an der TU!" 
Die Studentin erklärt hastig, daß sie das natürlich genau wisse. 
"Auf den meisten Handys", fahre ich ernst fort, "sind sogar der ganze periphere Silikon-Chipsatz und die I/O-Control-Devices praktisch isomorph zu einer Standard-Plattform, inklusive der transmodalen IR-Kommunikationskonfiguration!" 
"---" 
(verblüfftes Schweigen) - mit anderen Worten: DUMMY MODE ON! 
"Also kann es durchaus sein, daß Ihr Handy sich einen Virus eingefangen hat", schließe ich messerscharf. 
Die Studentin im DUMMY MODE ist jetzt mit allem einverstanden, was ich sage. Wenn ich erklären würde, daß ihre Strapse das Problem seien, würde sie es auch glauben. 
"Hmm, haben Sie eigentlich Strapse an?" frage ich. 
"Wie bitte?!" 
"Vergessen Sie's. Nicht so wichtig. Auf jeden Fall müssen Sie den Handy-Virus wieder loswerden, sonst erased der am nächsten Freitag den 13. Ihre SIM-Card. Geht denn das Handy noch?" 
Die Studentin versichert, daß das Handy einwandfrei funktioniere. 
"Aha!" sage ich. "Umso schlimmer! Ein ganz raffinierter Virus, der an der Oberfläche nicht zu erkennen ist. Bestimmt ein rumänischer SMS-Virus der neuen Stealth-Class. Aber wir werden das Biest schon erwischen. Haben Sie Schuhe mit hohen, schmalen Absätzen an?" 
"Äh ... ja ... aber ich verstehe nicht ..." 
"Überlassen Sie das Verstehen besser mir. Schalten Sie das Handy ab und nehmen Sie die SIM-Card heraus. Haben Sie das?" 
"Äh ... Moment ... <fummelschraub> ... okay!" 
"Jetzt legen Sie die Chipkarte auf eine harte Unterlage, mit den Kontakten nach oben und schlagen einmal so kräftig wie Sie können mit Ihrem Absatz darauf. Durch die mechanische Schockwelle entsteht in dem piezoelektrischen Material eine Überladung, die die parasitären Ladungen des Virus durch den Quantentunneleffekt auslöschen kann, verstehen Sie?" 
"Aber ..." 
"Mit den Kontakten nach oben! Das ist wichtig! Und zielen Sie genau auf die Mitte der Chipkarte!" 
Sie macht es! Unglaublich! Selbst ich bin immer wieder verblüfft! Wieder und immer wieder! Sie macht es! 
<RRRRUUUUMMMMSSSS!!!!> 
"Gut! Jetzt stecken Sie die Karte wieder ein und schalten ein." 
<schraubfummel> 
"Ah ... uh ... ohje, da kommt nur ein Fehlercode ..." 
"Das ist schlecht. Das ist sehr schlecht! Wahrscheinlich war die Schockwelle nicht stark genug. Haben Sie denn die Karte ganz genau in der Mitte getroffen?" 
Die Studentin gibt zu, daß es sein kann, daß sie vielleicht nicht ganz genau die Mitte getroffen habe. 
"Dacht' ich mir's doch!" sage ich seufzend. "Jetzt hat der Stealth sich bestimmt schon im RAM eingenistet. Da hilft jetzt nur noch eine Radikalkur, sonst können Sie sich gleich ein neues Handy besorgen. Haben Sie einen Mikrowellenherd in der Nähe?" 
"Ja, ich glaube, in der Teeküche ist einer ..." 
"Bestens! Noch ist nicht alles verloren! Sie gehen jetzt sofort zu dem Mikrowellenherd und legen das Handy hinein. Aber Vorsicht: OHNE DIE CHIP-KARTE! Wir wollen doch nicht, daß der was passiert! Nur das Handy reinlegen, ok? Mit der Anzeige nach unten! Dann schalten Sie auf die maximale Leistung und 15 Minuten. Das sollte dem Stealth genügend einheizen, daß er das RAM verläßt. Haben Sie das alles?!" 
SIE MACHT ES! Zumindest verspricht sie, es sofort zu machen! Ich überlege einen Augenblick, ob ich nochmal auf ihre Strapse zurückkommen sollte. Vielleicht sollte sie erst das Handy in die Strapse wickeln und dann ... Nee, lieber nicht. Man kann alles übertreiben. 
Ich sage ihr lieber noch, daß sie sich nicht wundern solle, wenn die Mikrowelle komische Geräusche von sich gebe, und die Studentin verspricht, alles ganz genau zu erledigen. 
Dann lenke ich meinen Telefonanschluß auf die R.k.f.H. (Reiseskostenstelle from Heaven) um, und starte endlich die Mumie, Teil II. 
Nervenaufreibender Job! Warum mache ich das eigentlich? Warum?
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