Der Bastard Hausmeister from Hell (B.H.f.H.), Sethimus Typhon und ich sitzen
beim Atzinger und genehmigen uns unseren täglichen wohlverdienten
Frühschopen. Falls sich jemand wundern sollte, daß ich mit dem
schwulen Bastard Bureaucrat from Hell einfach so zusammen ein Bier trinke, der
sollte nicht vergessen, daß Sethimus zur Zeit wahrscheinlich der Einzige
auf dem ganzen Campus ist, mit dem ich 'Prozesse Versenken' auf der Cray des
Rechenzentrums spielen kann. Nein, viel erstaunlicher ist, daß der
B.H.f.H. dabei sitzt. Zuerst gab es nämlich - wie fast immer bei
Bastarden verschiedener Profession - erhebliche Mißstimmigkeiten
zwischen den beiden: Sethimus hat eine kleine Reisekostenabrechnung des
B.H.f.H. über den lächerlichen Betrag von ca. 7 TDM kurzerhand
an die Prüfungsstelle des Bayerischen Rechnungshofes weitergeleitet, und
der B.H.f.H. hat sich gerächt, indem er in allen Schwulenbars des
Müllerviertels herumerzählte, Sethimus würde seine Schuhe aus
der Altkleidersammlung beziehen.
Nach dem ungeschriebenen Ehren-Codex aller Bastarde dieses Planeten besteht
somit zur Zeit eine Art Patt-Situation, welche es beiden erlaubt, ohne ihr
Gesicht zu verlieren, zusammen ein Bier trinken zu gehen (Sethimus trinkt
natürlich kein Bier, sondern Multi-Vitamin-Saft!).
- Wir sitzen also beim Atzinger vor unserem Bier (bzw. Multi-Vitamin-Saft)
und schweigen uns friedlich an, wie es nur wirklich starke Männer so
richtig können, während im Hintergrund das Radio leise vor sich hin
leiert:
- "... hat in Mazedonien einen Waffenruhe angeboten. Grund sei das
orthodoxe Oktoberfest ..."
- Unsere Köpfe heben sich drei Zentimeter.
- "... äh ... Verzeihung ... äh ... Grund sei
das orthodoxe Osterfest. Die politische Lage ..."
- Unsere Köpfe senken sich wieder.
Schweigen.
Immer noch Schweigen (wie es nur wirklich starke Männer zustande
bringen - falls ihr das noch nicht bemerkt haben
sollt ...)
- "Jaja, so isses ...",
- bemerkt schließlich der B.H.f.H., nur um das männliche Schweigen
durch die Setzung eines kleinen Kontrastes noch mehr zu betonen, und wir
anderen beiden seufzen bestätigend und nehmen noch einen Schluck Bier
(bzw. Multi-Vitamin-Saft).
Das Radio leiert:
- " ... ist gestern Abend in der Münchner Innenstadt eine
Atombombe entschärft worden ..."
- Alle Köpfe im Atzinger zucken nach oben. Der Wirt hinter dem
Schanktisch läßt ein halbgezapftes Glas Bier
fallen.
- "... äh ... Verzeihung ... ähm ... eine
Autobombe entschärft worden ..."
- Alle Anwesenden lassen die angehaltene Luft ab und bestellen erleichtert
noch ein Bier. Immerhin hat der kleine Versprecher das Eis gebrochen und es
kommt endlich so etwas wie ein Gespräch
zustande:
- "Ich finde, Sethimus schaut heute irgendwie nicht fit aus wie sein
Drink",
- bemerkt der B.H.f.H. mit einem kritischen Seitenblick auf den
Multi-Vitamin-Saft des Bastard Bureaucrat. Sethimus lächelt schwach. Aber
es stimmt: dunkle Ringe unter den Augen, das Rouge ungleichmäßig
verteilt, ja, sogar eine Andeutung von Bartstoppeln zieren sein edles Gesicht.
Ich stochere noch ein bißchen nach:
- "Wahrscheinlich hat er Überstunden gemacht, um einen neuen Rekord von
abgelehnten Reisekostenforderungen zu schaffen! Reicht es schon für das
Guiness-Buch?"
- Sethimus hat für solche laschen Späßchen nur ein
verächtliches Schnauben übrig. Da wir ihn jedoch hartnäckig
anschweigen und uns weigern, das Thema fallen zu lassen, läßt er
sich herab, auf darauf einzugehen:
- "Das Problem ist ... eigentlich ... sagen wir mal so ... da
ist diese Frau ..."
- Dem B.H.f.H. und mir fallen fast die Biergläser aus den
Pfoten.
- "Eine FRAU???!!!"
"Nun ja ... hmm ... kein Grund zur Aufregung ... nicht mal eine
Bekannte sozusagen ..."
"Eine BEKANNTE???!!!"
- Sethimus seufzt hörbar und starrt verträumt in seinen
Multi-Vitamin-Saft. Wir starren ihn an - gar nicht verträumt.
Daß ausgerechnet der schwulste Bastard der Uni, an dem sich schon alle
Tippsen der Reisekostenstelle ihre Zähne ausgebissen haben, von einer
'Bekannten' spricht, ist eine mittlere Sensation.
- "Jetzt rück schon raus damit! Erzähl doch mal von der ...
der Frau!" drängt der Bastard Hausmeister from Hell.
"Da gibt's nichts zu erzählen!" wehrt Sethimus mürrisch
ab.
"Wo hast du sie denn kennen gelernt?" frage ich
behutsam.
- Frisch Verliebte sind leichter zu verschrecken als kalifornische
Berglöwen auf einer Oscar-Verleihungs-Party; man muß ganz vorsichtig
auf das Thema zusteuern.
- "In einer Bar ... in einer Schwulenbar im Müllerviertel ...
sie geht dorthin, weil sie da nicht dauernd von Männern belästigt
wird ..."
- Der B.Hf.H. und ich nicken verständnisvoll.
- "Und ... ich weiß auch nicht ... in dem Moment, als ich sie
das erste Mal sah, in diesem einmaligem tiefblauen Cocktail-Kleid mit diesem
raffiniert eingefaßten Ausschnitt - da wußte ich
es ..."
- Sethimus schaut mit blind glänzenden Augen hinaus auf die
Amalienstraße. Der B.H.f.H. ist so fasziniert, daß er sich
unwillkürlich umdreht und auch hinaus guckt; natürlich ist da nichts
zu sehen
- "Was? Was wußtest du?"
- Der tollpatschige B.H.f.H. kann es nicht lassen. Sethimus schaltet sofort
seinen Himmelsblick ab und mustert uns beide mit verächtlichem
Gesichtsausdruck.
- "Das könnt ihr beiden sowieso nicht
verstehen!"
- Der B.h.f.H. fühlt sich sofort in seiner Hetero-Ehre
gekränkt.
- "Wieso können WIR das nicht verstehen?" fragt er empört.
"Schließlich bist DU der Schwule hier und redest über eine tolle
Frau!"
- Ich gebe verzweifelte Signale, daß er endlich das Maul halten soll,
und versuche, das Thema wieder zurück auf das Hauptthema zu
bringen:
- "Hast du sie seitdem wieder gesehen?"
- Sethimus schaut mißmutig in sein Glas, entschließt sich aber
dann, weiter zu erzählen.
- "Nachdem ich sie das erste Mal gesehen habe, konnte ich zwei Nächte
nicht mehr schlafen. Noch nie in meinem Leben habe ich etwas derartig ...
unglaublich Schönes gesehen ..."
- Der B.H.f.H. und ich schauen uns an und ziehen die Augenbrauen hoch. Zum
Glück hält er den Mund. Sethimus erzählt
weiter:
- "Und dann habe ich über den Barbesitzer ihren Namen heraus bekommen
und habe sie angerufen ..."
"Einfach so angerufen?"
"Ja, warum nicht? Leider war sie gar nicht zugänglich und hat alle
meine ... meine Angebote in den Wind
geschlagen ..."
- Ich gebe einen mitfühlenden Laut von mir.
- "... und vorgestern habe ich mir sogar eine ganze Nacht um die Ohren
geschlagen und die Steuererklärung für sie gemacht. Aber sie bleibt
hart. Sie rückt mit nichts heraus. Ich weiß bald nicht
mehr ..."
"Hast du sie schon mal schick zum Essen ausgeführt?" schlägt der
B.H.f.H. hilfreich vor. Sethimus schnaubt
verächtlich.
"Ich kann doch nicht mit einer Frau öffentlich zum Essen
gehen!"
"Aber ... äh ... ich meine ... ich dachte ..."
stottert der B.H.f.H. verblüfft. Aber Sethimus beachtet ihn gar
nicht.
"Dann habe ich es halt ohne sie versucht ... bin wie ein Blöder durch
sämtliche einschlägigen Geschäfte getigert ... sogar in
Mailand war ich letztes Wochenende ... deshalb bin ich auch so fertig im
Moment ... alle meine Überstunden sind dabei draufgegangen -
ohne Erfolg!"
"Einschlägige Geschäfte?" wiederhole ich. "Was für
einschlägige Geschäfte?"
Sethimus schaut mich verwundert an. "Klamotten-Geschäfte natürlich.
Wo würdest du denn nach einem Cocktail-Kleid
suchen?"
"Willst du sie mit einem Cocktail-Kleid bestech ... ich meine, du willst
ihr ein Cocktail-Kleid kaufen?" fragt der B.H.f.H.
verwundert.
"Was? Wieso ihr? Sie hat doch schon eins! Das ist es ja
gerade!"
- Der B.H.f.H. starrt Sethimus mit offenem Mund an. Er versteht
überhaupt nichts mehr. Ich auch nicht.
- "Aber was hat denn das Cocktail-Kleid damit zu tun, daß du an diese
Frau herankommen willst?" frage ich verzweifelt.
- Der Bastard Bureaucrat from Hell starrt uns beide abwechselnd an, dann wird
er plötzlich knallrot im Gesicht.
- "Ihr glaubt doch nicht etwa ...", flüstert er mit vor Wut
heiserer Stimme. "Ihr Riesenhornochsen! Ihr glaubt ernsthaft, ich würde
hinter einer Frau her sein? Ihr Idioten, Schmalspur-Bastarde, Hetero-Hirnis,
ihr! Nicht zu fassen, so was! Das Kleid war es, capito?! Ihr
tiefblaues Cocktail-Kleid mit dem raffiniert gefaßten Ausschnitt!
das muß ich haben! Deswegen kann ich nicht mehr
schlafen, ihr Rindviecher! Aber dieses Weib will mir nicht verraten, wo sie es
her hat, diese Hexe! Und sie will es mir nicht mal ein einziges Mal ausleihen,
die blöde Quarktasche! Ich hasse sie! Hätte ich sie bloß
niemals getroffen!!!"
- Der Bastard Hausmeister from Hell macht den Mund auf - und macht ihn
wieder zu. Dann schaut er mich an, mit genau dem Blick, den besonders
große Hunde manchmal haben, wenn sie vor einer verschlossenen
Kühlschranktür stehen. Dann steht er wortlos auf und geht.
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