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04.11.2000 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Bastard Magician from Hell?
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Phantasie ist etwas, was man bei einem bayerischen Beamten als allerletztes erwarten würde. Zumindest ist das die allgemeine Auffassung hierzulande - ungefähr so fundamental wie die Gewißheit, daß Spinat Eisen enthält, Michael Schumacher Autofahren kann und die CSU immer recht hat. 
Nichts könnte falscher sein! 
Der wahre Beamte muß jederzeit und in jeder Lebenslage auf dem Sprung sein, sich unnötige Arbeit von Hals zu schaffen. Und das funktioniert nur, wenn man eine ordentliche Portion Phantasie mitbringt. 
Das Telefon klingelt, und weil heute die Opfer-Statistik noch ziemlich mau aussieht, gehe ich 'ran. Eine Studentin ist dran, die sich für das Mikroprozessor-Praktikum im Wintersemester anmelden will. Man hört schon nach dem ersten Satz, sie ist eine von denen, die grundsätzlich alles besser wissen oder zu wissen meinen, und mit ihrem Wissen nicht hinterm Berg halten können. Ihr wißt, was ich meine: der Typ, der in der Schule immer in der ersten Reihe saß, und den Lehrer im Sexualkunde-Unterricht mit peinlichem Detailwissen versorgt hat. Genau! Der Typ! Ich sage ihr, daß ich mit dem Mikroprozessor-Praktikum nichts am Hut habe, und daß Frau Bezelmann im Sekretariat, hehehe, für die Anmeldung zuständig sei.
Sie sagt mir, daß das gar nicht sein könne, weil in der Studienordnung drin stehe, daß der jeweilige verantwortliche Dozent für die Anmeldung zuständig sei. Und das sei ich. 
"Aber sicher", sage ich sanft wie ein bengalischer Tiger, dem man die Brekkies geklaut hat, "wenn Sie sicher sind, daß Sie sich lieber bei mir anmelden wollen ...?" 
Sie überhört sämtliche Alarmzeichen und besteht darauf, sich jetzt sofort bei mir persönlich anzumelden. 
"Dann wollen wir mal kurz die Zulassungsvoraussetzungen abhaken ...", 
beginne ich, und sie leiert sofort, und ohne Aufforderung alle ihre Scheine und Vorprüfungen herunter. Ich werfe inzwischen einen Blick in den Ausredenkalender. 
"Sehr schön", sage ich, nachdem sie fertig ist, "und ihren Schwangerschaftstest haben Sie ja dann sicher auch ..." 
Zum ersten Mal ist für mehr als eineinhalb Sekunden Schweigen in der Leitung. 
"Hallo? Sind noch dran?" frage ich munter. 
"Äh ... ja. Sagten Sie gerade 'Schwangerschaftstest'?" 
"Aber sicher. Sie wissen doch, Paragraph 78b, Absatz 3 der Studienordnung, in der überarbeiteten Fassung von 1999 ..." 
"Ach so .... ja ..." 
Mit anderen Worten: BUREAUCRACY BULL SHIT MODE ON 
"Der Absatz 3 wurde ja, wie Sie sicher wissen, erst nach der letzten Reform des Hochschulrahmengesetzes eingeführt", fahre ich ungerührt fort. "Danach dürfen Studentinnen an Praktika, in denen Strahlungsbelastungen über 0,35 Millirem auftreten können, nur teilnehmen, wenn sie einen vom Arzt bestätigten, negativen Schwangerschaftstest vorweisen können, der nicht älter als 4 Wochen ist." 
"Was? Aber ... aber wieso Strahlenbelastung ...?" 
"Die Bildschirme im Praktikum", schnurre ich sanft ins Telefon, "die sind noch von 1974, und wir können uns leider im Moment keine moderneren leisten. Tja, und damals war 'mann' halt noch nicht so zimperlich mit der Anodenspannung wie heute ... Haben Sie den Test bei Ihren Unterlagen?" füge ich scharf hinzu. 
"Ja ... äh ... nein ... das heißt, ich kann ihn natürlich besorgen", fügt die Studentin hastig hinzu. 
"Tun Sie das", sage ich freundlich, "und dann schicken Sie das alles an mich. Die Adresse kennen Sie ja sicher aus dem Vorlesungsverzeichnis ..." 
Glücklicherweise habe ich immer noch das System-Passwort der uralten Microvax, auf der unsere Verwaltung die Druckvorlage des Vorlesungsverzeichnisses anfertigt. Durch eine diskrete Korrektur, die ein kleiner Dämon von mir jedes Semester zuverlässig erledigt, ist meine Adresse im Vorlesungsverzeichnis leider völlig falsch wiedergegeben. Ein gewisser Herr Dr. Dr. habil. Edmund Pelzbundler, C3-Professor bei der altbabylonischen Lingustik bekommt schon seit 12 Jahren meine gesamte offizielle Snail Mail. Anfangs hat er noch schriftlich protestiert, aber nachdem die genervte Redaktionsstelle ihm einen Computerausdruck geschickt hat, wo seine Adresse noch richtig eingetragen war, hat er es aufgegeben und kippt vermutlich täglich meine Post in den Müllschlucker ... Die Studentin verspricht, sich sofort einen Termin bei ihrem Frauenarzt geben zu lassen. Kurz bevor sie auflegt, sage ich noch ganz beiläufig und routinemäßig: 
"Und bitte beachten Sie natürlich auch Paragraph 78c der Studienordnung ..." 
"Äh ... was? 
"Paragraph 78c, kennen Sie doch sicher: der berühmte-berüchtigte ... äh ... Beischlaf-Paragraph ... Sie wissen schon ..." 
Natürlich weiß sie nicht! Woher auch; ich wußte es bis vor drei Sekunden ja auch noch nicht! 
"Der Paragraph 78c besagt kurz gefaßt, daß ... äh ... Studentinnen, die an einem strahlenexponierten Praktikum teilnehmen, hmm ... angehalten sind, sich während des betreffenden Semesters ... ähm ... sagen wir mal ... weitgehendst enthaltsam zu verhalten ..." 
"Enthaltsam?!" 
"Naja, Sie wissen schon ... No Sex! Und so weiter. Weil ja sonst Gefahr für den ... äh ... gerade empfangenen Fötus bestehen würde ... und das kann man an einer christlich-sozial orientierten Hochschule auf gar keinen Fall riskieren, verstehen Sie?" 
Wieder eine fassungslose Schweigesekunde in der Leitung. Dann kommt es zögernd: 
"Ich glaube, ich muß mir das mit dem Mikroprozessor-Praktikum nochmal überlegen ..." 
"Tun Sie das", sage ich sanft, "tun Sie das."
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