Um zu vermeiden, daß irgendwelche Studenten mich während meiner
Sprechstunde finden können, sitze ich bei Frau Bezelmann und Nero im
Sekretariat, trinke ihren Kaffee und höre geduldig Neuigkeiten über
die letzten frauenfeindlichen Aktionen der Uni-Leitung (ein anderes Thema
wäre mir zwar lieber, aber dann duldet mich Frau Bezelmann nicht in ihrem
Allerheiligsten!). Ab und zu werden wir von den üblichen, lästigen
Telefonanrufen unterbrochen, die der Universitätsalltag halt so mit sich
bringt. Da Frau Bezelmann nur mit neuester Kommunikationstechnologie, sprich
Freisprecheinrichtung arbeitet, komme ich in den vollen Genuß ihres
diplomatischen Umgangs mit den jeweiligen Anrufern.
- Fr. Bezelmann: "... und gestern abend gehe ich hinunter und was sehe
ich? Natürlich sind wieder alle Frauenparkplätze in der Tiefgarage
belegt ..."
Ich: "... mhm ..."
Fr. Bezelmann: "... und ich habe mich mit Nero und einer Thermoskanne
Kaffee hinter der Betonsäule bei der Einfahrt postiert und
gewartet ..."
Ich: "... mhm ..."
Fr. Bezelmann: "... und keine drei Stunden später sehe ich, wie der
Herr Prodekan, höchstpersönlich seine Spießerlimosine aus einem
der Frauenparkplätze heraus manövriert. Ich hab' natürlich
sofort ..."
- Das Telefon jodelt. Frau Bezelmann checkt zuerst am Display, ob es sich
etwa um eine bekannte feindliche Nummer handelt, dann nimmt sie das
Gespräch an.
- Fr. Bezelmann: "Hallo?"
Anrufer: "Hallo, mein Name ist Peter Amöbius von der Neuen Ruhr
Zeitung!"
Fr. Bezelmann: "Aha! Ist das nicht ansteckend?"
Anrufer: "Äh ... wie bitte?"
Fr. Bezelmann: "Nicht so wichtig! Sagten Sie NEUE Ruhr
Zeitung?"
Anrufer: "Ja ..."
Fr. Bezelmann: "Was ist mit der alten passiert? Ist die
gestorben?"
Anrufer: "Was? Gestorben? Äh ..."
Fr. Bezelmann (eisig): "Wen wollen Sie denn nun überhaupt
sprechen?"
Anrufer: "Ich hätte gerne mit Herrn Walter Preisler
gesprochen."
Fr. Bezelmann: "Der ist nicht hier!"
Anrufer: "Ah? Wann kommt er denn wieder?"
Fr. Bezelmann: "Das weiß ich nicht!"
Anrufer: "Oh!" (Kurze Denkpause) "Können Sie ihm eine Nachricht
hinterlassen?"
Fr. Bezelmann: "Nein!"
Anrufer: "Nein?" (Längere Denkpause) "Warum denn
nicht?"
Fr. Bezelmann: "Weil ... ich ihn nicht kenne!"
Anrufer: "Aber ... aber, ist das hier nicht die Pressestelle der TU
München?"
Fr. Bezelmann: "Nein!"
Anrufer: "Sicher nicht?"
Fr. Bezelmann: "Nein! Sicher nicht!"
Anrufer: "Ja, aber wieso haben Sie dann ..."
- Aber Frau Bezelmann hat schon den Finger auf der
Trenntaste.
- "Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, der Prodekan mit seiner
Spießerlimo auf dem Frauenparkplatz ..."
- Das Telefon jodelt wieder. Nero, der wieder mal auf seinem Lieblingsplatz,
der Postablage des Chefs, nistet, plustert seine spärlichen Federn und
krächzt warnend. Ein kritischer Blick aufs Display, und Frau Bezelmann
zieht mißbilligend die Mundwinkel nach unten:
- "6784. Das ist die Reisekostenstelle!"
- Mit ein paar schnellen Tasten wird der Anruf auf unser Faxgerät
umgeleitet. Das Fax habe ich so konfiguriert, daß es statt
9 Sekunden 99 Minuten lang auf einen Pilotton wartet, bevor es wieder
auflegt. Und da unsere Hausanlage so dämlich ist, daß die Verbindung
solange besteht, bis beide Gesprächspartner aufgelegt haben, ist der
Anschluß der R.K.f.H. vorerst mal auf Eis gelegt. Geschieht ihnen recht!
Die sollen schließlich Geld überweisen und nicht telefonieren! Kein
Wunder, daß der Beamtenapparat so viel kostet, wenn die Leute so
verschwenderisch mit ihrer Arbeitszeit umgehen!
- "Was sagte ich gerade? Also, der Prodekan fährt auf den Ausgang zu und
ich nehme das Kondom mit der Alarmfarbe ..."
- Das Telefon jodelt.
- Fr. Bezelmann: "Hallo?"
Anruferin: "Ist dort der Lehrstuhl für Blablabla?" (Name vom BND
zensiert)
Fr. Bezelmann: "Fast."
Anruferin: "Wieso 'fast'?"
Fr. Bezelmann: "LEERstuhl schreibt man mit zwei großen 'E'; sonst
stimmt's schon!"
Anruferin: "Häh?!"
Fr. Bezelmann (eisig): "Wen wollen Sie denn nun eigentlich
sprechen?"
Anruferin: "Äh ... eigentlich versuche ich, den Herrn Leisch zu
erreichen. Aber wenn ich seine Durchwahl wähle, meldet sich immer ein
ziemlich aufgeregter Herr Sethimus Typhon von der Reisekostenstelle. Der hat
mir auch Ihre Nummer gegeben ..."
- Ich mache vorsichtshalber das 'thumb-down-sign', damit Frau Bezelmann nicht
etwa auf den blöden Gedanken kommt, den Hörer an mich weiter zu
reichen.
- Fr. Bezelmann (abweisend): "Herr Leisch ist im Moment nicht an seinem
Arbeitsplatz ..."
- Stimmt auffällig! Nicht einmal ich kann an zwei Stellen gleichzeitig
sein ...
- "... worum geht es denn überhaupt?"
Anruferin: "Ja ... äh ... ich hätte da nur eine Frage wegen
beschreibbarer CDROMs ..."
Fr. Bezelmann (ungnädig): "Nämlich?"
Anruferin: "Ja ... ich würde die gerne als Sicherung für meinen
PC verwenden - ich hab' gerade meine Diss fertiggeschrieben, und da will
man ja kein Risiko eingehen, nicht? Aber jetzt hab' ich gehört, daß
die selbst geschriebenen CDs auch nicht ewig halten, und zum Auffrischen
muß man sie sie kopieren, und dazu brauche ich zwei
Laufwerke ..."
- Zum Glück hat Frau Bezelmann massenweise CDs im Büro herumliegen.
Ich schnappe mir zwei davon, nehme sie aus den Hüllen und lege sie
aufeinander. Dann nehme ich Frau Bezelmanns Telefonbuch, lege die beiden CDs
darunter und drücke mit beiden Händen
darauf.
- "Ah ja", spricht Frau Bezelmann ins Telefon, "da haben Sie natürlich
vollkommen recht: Die selbstgebrannten CDs halten nicht so lange. Aber das
Kopieren ist kein Problem: Sie wissen doch, daß normale CDROMs nicht mit
dem Laser geschrieben, sondern gepreßt werden?"
"Äh ... ja ..."
"Eben, das können Sie genauso machen: Nehmen Sie immer nach zwei Wochen
Ihre Sicherungs-CD und legen Sie eine eine frische CDROM darunter. Dann
plazieren Sie ein möglichst gleichmäßiges Gewicht
darauf ..."
- Ich stütze mich schwer auf das Telefonbuch und blase die Backen
auf.
- "... aber mindestens 70 Kilo sollten es schon sein. Und dann
passiert folgendes ... äh ..."
- Ich rolle schnell ein Blatt Papier zusammen, auf das ich vorher 'Quanten'
gekritzelt hatte, und halte die Röhre an den
Türspalt.
- "... wegen der ... äh ... Quantentunneleffekte an
kleinen Doppelspalten überträgt sich dann das Bitmuster von der einen
CD auf die andere, und schon haben Sie wieder eine frische Kopie! Die hält
dann wieder zwei Wochen lang!"
"Wirklich?"
"Wir machen das hier immer so", erklärt Frau Bezelmann
lässig.
- Die Anruferin ist begeistert. Die 'Quantentunneleffekte' sind aber auch
zu überzeugend!
Ich nehme rasch die obere CD heraus und werfe sie in den
Papierkorb.
- "Noch etwas", sagt Frau Bezelmann, "vergessen Sie bloß nicht, die
alte Kopie sofort zu entsorgen, damit Sie nachher nicht aus Versehen die
falsche aufheben!"
- Die Anruferin verspricht, ganz sicher daran zu denken, und legt
beglückt auf.
- "Wollen Sie nicht meine nächste Urlaubsvertretung machen?" frage ich
anerkennend.
- Frau Bezelmann zieht nur ein ganz klein wenig die Mundwinkel nach unten
und blitzt zufrieden mit ihren Brillengläsern.
- "Also, ich nehme das Kondom mit der Alarmfarbe gemischt mit
Buttersäure, und als der Prodekan mit seiner Spießerlimo an der
Schranke halten muß, streife ich das Kondom blitzschnell über seinen
Auspuff. Dann ..."
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