B.O.f.H.
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- Mein Job ist so eine Hetze, daß ich kaum dazu komme, kurz mal ins
Kino zu fahren, bevor die Leute ihre Ausdrucke abholen kommen. Die Queue ist
sowieso viel zu voll, als daß ich alles rechtzeitig ausgedrucken (und
sortieren) könnte. Also kille ich alle die kleineren Jobs bis auf zwei
und die lassen sich im Nu sortieren.
Nach dem Film (einer von diesen Endlos-Bertoluccis, wo der Held nach drei
Stunden endlich in grandiosen Visionen zugrunde geht) komme ich zurück, um
die Ausdrucke auszugeben. Etwa fünfzig Leute warten draußen und ich
habe zwei Ausdrucke. Stimmt ziemlich gut mit meinem Durchschnitt überein.
Andererseits hätte ich mehr killen sollen. Egal, ich lasse die beiden
Ausdrucke elegant auf den Tisch gleiten, drehe mich um und gehe betont langsam
zurück in meinen Glaskasten. Dabei halte ich deutlich sichtbar das
Clipboard in der Hand, das mit den großen roten Buchstaben 'ACCOUNTS TO
REMOVE' auf der Rückseite. Keiner sagt ein Wort. Wie
immer.
Ich sitze wieder gemütlich im Operator Sessel und beobachte den
Überwachungs-Monitor, der zufällig mit dem Videoplayer aus der
medizinischen Optik verbunden ist (zur Reparatur hier; geschätzter Termin
der Rücklieferung irgendwann in 2001). Plötzlich klingelte das
Telefon. Das muß heute schon das zweite Mal sein, und es beginnt mir
auf die Nerven zu gehen.
- "Ja?"
- sage ich und halte das Bild an.
- "Ich hab' aus Versehen meinen Lebenslauf
gelöscht ..."
- sagt die Stimme am anderen Ende.
- "Tatsächlich? Wie war Ihr Username?"
- Er sagt es mir. Sch ... wie langweilig.
- "Ah, nein. Nicht Sie haben ihn gelöscht - ich
war's."
"Was?"
"Ich hab' ihn gelöscht! Er war voll mit Sch ...! In keinem einzigen
Fach was Besseres als 'ne zwei!"
"Häh?"
"Und der Mist mit dem Austauschstudium - das war Ihre Freundin, und wir
beide wissen das!"
"Häh??"
"Na, Ihre Studienangaben. Ich hab's nachgeprüft. Sie haben
gelogen."
"Wie haben Sie ..."
- Es klickt deutlich hörbar.
- "Oh, nein. SIE sind's! Der BASTARD OPERATOR FROM
HELL!"
"Leibhaftig, am Telephon und in Ihrem Account. Es wäre wirklich besser
gewesen, nicht anzurufen, wissen Sie. Vor allem hätten Sie Ihren Usernamen
lieber für sich behalten sollen ..."
- klickediklackediklick...
- "Tja, und dann hätten Sie dem System Manager keine so böse Mail
schicken dürfen. Eine Mail, die ausdrückt, was Sie von ihm
halten - in hübschen Bildern!"
"Ich habe keine ..."
- klickediklackediklick ...
klick
- "So? Haben Sie nicht? Wer kann das noch sagen heutzutage? Keine Sorge, es
bald wird alles vorüber sein ..."
- klickediklackediklick ...
... noch den Usernamen
zurückändern ...
- klickediklackediklick ...
- "B-b-b-b"
- blubbert er wie eine desynchronisierte PDP-11.
- "Leben Sie wohl"
- sage ich überfreundlich.
- "Ich denke, Sie sollten jetzt besser packen. Viel Spaß beim
Neubeginn."
- Ich lege auf.
Zwei Sekunden später läutet das rote Telefon. Es ist der Boss. Er
knurrt den Usernamen - von wem wohl? - und etwas über eine
schweinische Mail.
- "Sie wissen, was Sie zu tun haben ..."
- mit den Punkten und allem.
Später, im Abrechnungscomputer der Städtischen
Elektrizitätswerke, während ich die nächste Rechnung des armen
Schweins um ein paar Nullen korrigiere, wundere ich mich wieder einmal
über diesen hartnäckigen und unglaublichen Mangel an
Urteilsvermögen - welche Blödheit kosmischen Ausmaßes
treibt sie immer wieder dazu, bei mir anzurufen. Noch später, als ich im
FBI Computer sein Photo von der WWW Page in die Gesuchtenliste kopiere (die mit
dem Label 'Dringend gesucht, bewaffnet und gefährlich, sofort
schießen'), komme ich zu dem Schluß daß ich es wohl niemals
wissen werde - aber das Leben geht weiter.
Ein paar Stunden später sehe ich die GSG 9 sein Apartment umstellen
und mir wird klar: Für ein paar von uns wird es das nicht. Aber morgen ist
ein neuer Tag.
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