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12.10.2006 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Telekomiker
Spell Checker weiter 
Coffee Break
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In dem allseits bekannten Forum ,What-to-do-if-being-attacked-by-the-BAfH' stand kürzlich zu lesen, daß "der B.A.f.H. vor nichts zurückschrecken würde". 
Ich gebe hiermit öffentlich zu Protokoll, daß das leider nicht stimmt. 
Zum Beispiel bekomme ich akute Atembeschwerden und lilafarbenen, juckenden Hautausschlag, jedes Mal wenn ich an einem Rechner arbeite, auf dem Visual C++ installiert ist. 
Wie es dazu kommen konnte? Ganz einfach: 
Der Chef stürmt, wie üblich ohne anzuklopfen, in mein Allerheiligstes und berichtet mir aufgeregt, daß der mit ihm befreundete CEO der mächtigen XY-Corporation heute Nachmittag den LEERstuhl besuchen würde. 
"Ähm ... der ... äh ... der CEO bringt auch ein ... hmm ... ein Dings ... ähm ... ein kleines Problem ... äh ... mit, das wir für ihn ... hmmm ... lösen ... ja ... lösen sollen." 
Geduldiges Nachfragen ergibt, daß der CEO sich ein kleines Programm auf seinem Laptop wünscht, mit dem er "wie in ... äh ... in ... äh ... Word" einzelne Wörter auf die Neue Rechtschreibung prüfen könne. 
Großer Core-Dump! 
Auf meine Frage, warum der gute Mann dann nicht einfach die fraglichen Wörter in Word eintippen würde, erwidert der Chef, daß Word immer so lange brauche um zu starten, und außerdem habe wohl irgendein anderer Top-Manager dem CEO erzählt, daß Word die Neue Rechtschreibung nicht besonders gut beherrsche. 
Ich spare mir die logische nächste Frage, warum er dann nicht einfach das uralte Tool ,dict' benutze, weil sogar mir klar ist, daß ein echter CEO natürlich noch nie von der Existenz einer Kommandozeile geschweige denn von UNIX oder cygwin gehört hat. 
Aber dann erwähnt der Chef noch ganz beiläufig, daß sich der CEO sicherlich mit einer großzügigen Spende "für ... äh ... Forschung und Lehre" erkenntlich erweisen würde, und daß ich(!) doch bestimmt eine sinnvolle Verwendung für solche Gelder finden würde. 
Aber immer! denke ich, setze mein arbeitswütigstes Grinsen auf und verspreche dem Chef, noch bis heute Nachmittag einen lauffähigen Spell-Checker zu liefern. 
Eine kleine Finanzspritze der XY-Korporation könnte ich gerade jetzt prima gebrauchen. Seit ich letzten Monat den dritten Beamer gekauft habe, fragt nämlich der Projektträger des SCHWAFEL-Projekts schon jedes Mal, ob wir denn die und die Hardware-Lösung auch wirklich für das Projekt benötigten! Ziemlich lästig! 
Ich setzte mich also an meine Konsole und hacke folgendes 'Programm' in die Tastatur:
   word = readline()
   print "Starting spell check for " word
   sleep 3
   print "Retrieving up-to-date lexical data"
   sleep 1
   print "Not able to find fast downlink - initiating private WLAN satellite link"
   for (i=0; i<5;i++) print -n "*"
   print "Private WLAN satellite link now established - starting update"
   sleep 3
   print "done"
   sleep 1
   print -n "Commencing spell check procedure ..."
   sleep 2
   print " done"
   dict(word)
Wenn ich eines von Microsoft gelernt habe, dann ist es, wie man ein vollkommen triviales Programm interessant aussehen lassen kann. Ich kann es zwar nicht beschwören, aber ich könnte mir vorstellen, daß wir die ganze Windoofs-Plage auf diesem Planeten lediglich der Tatsache zu verdanken haben, daß der gute Bill irgendwann in den 80igern einen Topmanager mit vielen bunten Fensterchen beeindrucken mußte, um an einen fetten Auftrag heranzukommen. 
(Anmerkung für C-Programmierer: ich weiß selber, daß das da oben kein C-Programm ist. Dafür ist es aber auch für Nicht-Programmierer einigermaßen leserlich. Ihr braucht mir also jetzt nicht sofort eine Mail mit dem richtigen Code zu schicken, ok? - Ok!) 
Am Nachmittag schlägt tatsächlich der angekündigte CEO bei uns am LEERstuhl auf - selbstverständlich mit eineinhalb Stunden Verspätung, weil man als ordentlicher CEO niemals pünktlich zu einem so unwichtigen Termin wie einem Universitäts-LEERstuhl erscheinen kann. Nachdem Frau Bezelmann ihn mit ihrem Arsen-Kaffee versorgt hat und die beiden Herren sich ausgiebig gegenseitig den Bauch bepinselt haben, werde ich ins Büro des Chefs beordert, wo ich dem hohen Herrn mein 'Programm' vorführen darf. 
Der CEO ist erwartungsgemäß schwer beeindruckt. Besonders der Teil mit der "private satellite link" scheint seinem an sich schon aufgeblasenen Ego noch ein paar Kubikmeter Auftrieb zu geben. Und erst recht nachdem ich ihm erkläre, daß mein Programm die angebliche Satellitenverbindung nur von speziellen, teueren Executive-Laptops mit integriertem BSTM aufbauen könne. (Daß BSTM für ,Bull Shit for Top Manager' steht, braucht der CEO ja nicht zu wissen.) 
Nachdem der CEO ein paar ganz besonders schwierige Wörter wie ,daß' und ,Fluß' ausprobiert hat, sagt er ganz enthusiastisch: 
"Das ist wirklich alles ganz wunderbar! Kompliment an Ihre Programmierer. Können Sie mir das auf meinem Laptop installieren?" 
Der Chef schaut mich fragend an und ich zucke mit den Achseln und sage, daß das natürlich gar kein Problem sei. Schließlich haben die Jungs drüben im Rechenzentrum irgendwo eine Campus-Lizenz von Visual C++ 'rumliegen ... 
Drei Tage später sitze ich in meinem Allerheiligsten, habe immer noch den dreimal verfluchten CEO-Laptop auf meinem Schreibtisch und denke verzweifelt darüber nach, wie ich nur so naiv sein konnte: Zweimal 12 Stunden mit Visual C++ und ich bin am Rande eines Nervenzusammenbruchs - und das will was heißen bei einem Bastard X from Hell, der immerhin schon ein paar tausend Jahre Erfahrung auf dem Buckel hat! 
Ich bin bestimmt kein Kommandozeilen-Fetischist; bunte Windows und Oberflächenschnickschnack eignen sich zum Beispiel hervorragend, um naive Erstsemester und Projektträger zu beeindrucken. Aber wenn ich schon einen Frontend für eine so einfache Sache wie einen C-Compiler schreibe, dann sollte er wenigstens einigermaßen das machen, wofür er gedacht war, nicht dauernd abstürzen und - was vielleicht trivial klingt, aber anscheinend nicht ist - die dahinter liegenden Kommandos sollten auch einfach von der Kommandozeile aus funktionieren. 
Schließlich reißt mir der überstrapazierte Geduldsfaden und ich installiere kurzerhand cygwin (UNIX-Emulator) auf dem CEO-Laptop, kaschiere den Aufruf ein wenig, so daß es so ähnlich wie eine DOS-Box aussieht und schicke den ganzen Mist per Eilboten zurück an den CEO. 
Um mich abzureagieren, rufe ich bei den Kollegen im Rechenzentrum an und erkundige mich nach der Service-Nummer von der Visual C++ Campus-Lizenz. Der Operator in der Hotline erkundigt sich vorsichtig, ob ich denn etwa vorhätte da anzurufen. 
Ich lüge dreist, daß nur ein paar Studenten bei uns am LEERstuhl mit Visual C++ 'rumspielen wollten und daß ich denen die Nummer geben wolle. 
"Ah, dann ist's ja gut", 
meint der Operator erleichtert. 
"Das letzte Mal, als Sie bei einer Software-Hotline angerufen haben, hat nämlich die Firma danach sämtliche Lizenz-Verträge mit uns gekündigt ..." 
Dann rückt er endlich mit der Nummer raus. Ich google sofort die Nummer und erfahre zu meiner nicht geringen Freude, daß der deutsche Vertrieb von Visual C++ von der ... na? ... XY-Korporation betrieben werde! Nie war Rache süßer!!! 
Ich rufe tatsächlich nicht bei der Hotline an (wozu auch?), sondern bei der Telecomicer-Störungsstelle für Geschäftskunden (wir erinnern uns). So und so, erläutere ich dem Techniker, nachdem ich wie üblich 3mal falsch verbunden wurde, ich sei von der Firma Blablablib und für die Wartung der ISDN-Telefonanlage der XY-Korporation, Niederlassung München, zuständig. 
"Seit heute morgen bekommen wir ständig Beschwerden vom Kunden, daß nicht alle Anrufer von den Amtsleitungen durchgestellt würden. Können Sie mal eben nachprüfen, ob der 32-Kanal-Primärmultiplex in Ordnung ist?" 
Ich gebe ihm die Nummer durch und er hackt sie in seinen Service-Computer. 
"Äh ... das ist merkwürdig", 
sagt er nach ein paar Sekunden. 
"Unter dieser Nummer sind bei mir nur 8 Kanäle eingetragen. Sind Sie sicher, daß der Anschluß 32 Amtsleitungen hat?" 
Das ist eigentlich schon alles, was ich wissen muß! 
"Hoppla, stimmt ja", 
sage ich, 
"da sind tatsächlich nur acht Leitungen eingetragen, sorry, mein Fehler. Aber die acht, sind die in Ordnung?" 
Der Techniker bestätigt, daß von seiner Seite alles in Ordnung sei. Als nächstes boote ich unsere uralte BSD-Maschine mit den antiken Aculab-Primärmultiplexer-Karten, klemme unsere ISDN-Anlage ab und schließe die Telefonleitung an der BSD-Maschine an. Jetzt habe ich sämtliche Amtsleitungen des LEERstuhls zu meiner freien Verfügung! Ich starte ein einfaches Skript, das jede Stunde achtmal hintereinander versucht, ein leeres Fax an die Service-Nummer der XY-Korporation zu senden. Außerdem ist die Faxsoftware so konfiguriert, daß sie nach einem Abbruch sofort wieder neu wählt. Die armen Schweine im Callcenter dort sollten mir dankbar sein: jetzt können sie die nächsten drei Tage bezahlten Urlaub machen! 
Die XY-Korporation wird zwar niemals draufkommen, daß sie das alles nur ihrer miesen Software und ihrem CEO zu verdanken haben, aber ich fühle mich trotzdem irgendwie besser! 
Dann schließe ich den Rechnerraum und mein Allerheiligstes ab, bevor am Ende noch Frau Bezelmann aufkreuzt und sich beschwert, daß ihr Telefon tot ist und sie ihre Astrologie-190er-Nummer nicht mehr erreichen kann. Ein paar Tage unangemeldeter Urlaub werden auch mir gut tun - nach all dem Streß der letzten Tage ...
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