10.12.2000 | BASTARD MAILING LIST | © Florian Schiel |
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Es geht aufs Jahresende zu, und wie immer um diese Zeit habe ich mehr zu tun,
als mir lieb sein kann ... Zuallererst muß vor dem Kassenschluß das ganze restliche Geld im Haushalt verpulvert werden, damit zum Jahresende auf gar keinen Fall schwarze Zahlen auf dem Konto zu sehen sind. Schwarze Zahlen bedeuten automatisch eine Kürzung des nächsten Jahresbudgets (Das war wieder mal ein kostenloser Tip, Leute! Aufschreiben!). Außerdem ist schließlich Xmas! Also bestelle ich noch rasch einen Videobeamer, eine Dolby 5.2 Soundanlage und 2 Dutzend Video-DVDs ab 18 zum Austesten. Um unseren Technologiepark abzurunden, kaufe ich auch noch einen DVD-Brenner, obwohl jeder Idiot weiß, daß die Technologie noch nicht reif ist, und es nächstes Jahr dasselbe Ding mit 100 mehr features zum halben Preis geben wird. Dann muß ich mich um die neuen 'Performance Reviews' kümmern, die sich unsere allseits geschätzte Unternehmensberatung McKinski bei ihrer letzten Absahnung ausgedacht hat. Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, daß der ganze Schmarrn, den Unternehmensberatungen einem aufdrängen wollen, unter englischen Namen segelt? Anscheinend lassen sich idiotische Konzepte viel leichter verkaufen, wenn man ihnen ausländische Namen gibt, z.B. 'Quality Management', 'Empowered', 'Downsizing', 'Micro-Management', 'Proactive Process Re-Engineering'. Jedenfalls hat sich der Hochschulrat - wahrscheinlich beeindruckt von der astronomischen Höhe der letzten McKinski-Rechnung - dazu überreden lassen, von nun an das wissenschaftliche LEERpersonal, inklusive der Halbgötter (Professoren), einer jährlichen Beurteilung zu unterziehen. Die 23seitigen Beurteilungs-Formulare muß der Chef höchstpersönlich ausfüllen und an den Dekan faxen. Faxen sei nämlich um 87,3% weniger kostenaufwendig als die traditionelle Hauspost; das haben die McKinski-Leute bei dieser Gelegenheit auch noch herausgebracht. Unglaublich, was nur 27 Consultants in 3 Monaten alles herausfinden können! Was die McKinski-Leute leider nicht bedacht haben, ist die Tatsache, daß man wegen unserer antiquierten Telefonanlage in den meisten Gebäuden gar kein Fax verwenden kann, weshalb viele Institute schlichtweg keines haben. Egal, wir am LEERstuhl haben natürlich ein Fax, weil Frau Bezelmann sonst ihre Anmeldungen zu Kampfsportwettbewerben nicht absenden könnte. Und der Chef wird genau mit diesem Fax auch unsere Beurteilungen verschicken. Da Frau Bezelmann bereits im Weihnachtsurlaub ist, gehe ich, bevor der Chef auftaucht, kurz hinüber ins Sekretariat und vertausche das Faxgerät mit Frau Bezelmanns 'Power-Shredder' (Schon wieder ein englischer Name! Was will uns das sagen? Genau: Shredder müssen auch irgendwann einmal von Unternehmensberatern eingeführt worden sein! Wahrscheinlich um die ganzen überflüssigen 'Status-Reports' zu entsorgen ...) Möglicherweise erinnert sich der Chef vage daran, daß man bei einem Faxgerät eine Nummer eintippen muß. Also klebe ich kurzerhand Frau Bezelmanns Taschenrechner unter den Freß-Schlitz ... Jahresende bedeutet natürlich auch Xmas, und Xmas bedeutet, daß ich mich dringend um meine angeschlagene finanzielle Situation kümmern muß! (Wollt ihr wissen, warum ich lieber 'Xmas' sage anstatt 'Weihnachten'? Ganz einfach: Wenn man 'Xmas' sagt kann man zweimal die Zähne fletschen; bei 'Weihnachten' überhaupt nicht ...) Zum Glück hat der Siemens-Konzern in seiner unergründlichen Weisheit letzte Woche beschlossen, allen seinen nicht rauchenden Sklaven einen 'Health-Bonus' einzuräumen (McKinski?). Und noch mehr Glück habe ich, weil vor ein paar Monaten ein Siemens-Sklave an alle seine Mit-Sklaven (wirklich alle!) eine idiotische email verschickt hat, und diese sich infolge mehrerer merkwürdiger Zufälle auch in meinem Spam-Filter verfangen hat. Der liebe Junge hatte alle Adressaten im header der mail mitgeschickt, wahrscheinlich in der berechtigten Hoffnung, daß allein durch die wütenden Replys von 5% der Siemensianer das Intranet kollabieren würde (was auch prompt so geschehen ist! Soweit ich gehört habe, muß der Typ jetzt für den Rest seines Lebens alte McKinski-Status-Berichte shreddern. Daraus kann man wieder mal lernen, wie wichtig es ist, bei jeder Aktion seine Spuren zu verwischen ... Tip!) Mit so was läßt sich schon was anfangen! Ich fahre die Schutzschilde hoch und verfasse eine kurze Email an alle Siemens-Sklaven des Inhalts, daß der Nachweis der aktuellen und vergangenen Nichtraucherschaft in Form eines kleinen Haarbüschels vom Hinterkopf erbracht werden müsse und daß dieser noch in diesem Kalenderjahr einzuschicken sei (der Haarbüschel, nicht der Hinterkopf!). Dann warte ich eine Stunde und schicke noch eine email hinterher, in der eine Firma namens DaumLabs ihre diskreten Dienste anbietet. Gegen eine lächerliche Gebühr von 350 Mark sei es ohne weiteres möglich, heißt es in der email, eine Haarprobe von jeglichem verräterischen Nikotinanteil zu bereinigen. Die Haarprobe möge bitte nach Vorauskasse auf Konto Nummer Sowieso in einem rosafarbenen Umschlag (zwecks leichterer Sortierung!) eingesandt werden an blalblafaselbla. Die von Nikotin gereinigte Haarprobe werde postwendend zurückgesandt und könne dann gefahrlos zur Untersuchung eingereicht werden. Meinen B.B.f.H. (Bastard Banker from Hell) lasse ich wissen, daß er das Konto bei Erreichen einer 6-stelligen Zahl auflösen und das Geld auf die Kaymans überweisen solle. Außerdem wäre es hilfreich, wenn sich infolge eines bedauerlichen Backup-Fehlers möglichst bald danach sämtliche Informationen bezüglich dieses Kontos leider nicht mehr reproduzieren ließen. Da der B.B.f.H. wie immer bei solchen Aktionen die üblichen 15% abzweigt, kann ich sicher sein, daß alles zur allgemeinen Zufriedenheit (mit Ausnahme vielleicht der heimlich rauchenden Siemensianer) erledigt wird.
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