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30.01.2003 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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Geronto-Darwinism
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Auf dem Weg zum Kaffeetrinken hält mich Marianne plötzlich am Arm fest und starrt konzentriert in Richtung meines prominenten Adamsapfels. 
"Leisch! Du hast ja Lippenstift am Kragen!" 
Alle Mitarbeiterköpfe im Kaffeeraum fahren zeitsynchronisiert herum. Frau Bezelmann schaltet ihre Null-Grad-Kelvin-Augen hinter den zentimeterdicken Schutzgläsern auf volle Leistung. (Fast meint man, ihr Großhirn kreischen zu hören: 'Alle Energie in die vordere Sensor-Phalanx. Voller Breiten-Scan!') 
"So ein Quatsch!" knurre ich und wehre mich gegen Mariannes gierige Finger, die an meinen T-Shirt-Kragen herumfummeln. "Das ist bloß Tomatensoße von der letzten Pizza!" 
Zum Beweis präsentiere ich die Vorderfront meines 'Never touch a running SysOp'-T-Shirts, auf der sich mit etwas Mühe die Zutaten für mindestens drei Pizzas 'Quatro Stagioni' zusammenkratzen lassen. 
Aber Marianne läßt sich nicht beirren: 
"Lippenstift!" konstatiert sie nach gründlicher Inspektion. "Bordaux-Rot!" 
Die versammelte Mannschaft stöhnt unterdrückt-wollüstig. Jenny beißt sich vor Aufregung in den Handrücken; der Kollege Rinzling murmelt Unverständliches und steckt mir verstohlen etwas in die Jackentasche. (Als später nachschaue, ist es ein Aufklärungspamphlet über AIDS!) 
Wenn die Beweislast erdrückend ist, hat es keinen Sinn mehr zu leugnen und schon gar keinen Sinn, etwa die wahre Erklärung zu geben. Nein, man muß statt dessen zum Angriff übergehen und für taktische Ablenkungsmanöver sorgen: 
"Ach, DER Lippenstift!" sage ich. " Der stammt von einem Gaststudenten aus Transilvanien, der in der Sprechstunde versucht hat, bei mir Blut zu zapfen ..." 
Marianne schnaubt nur höhnisch. "Wohl eher eine GaststudenTIN aus Transexualien!" 
"Wie heisssst denn die Unglücklichchche Sssstudentin?" mischt sich Frau Bezelmann mit blinzenden Brillengläsern ein. 
Sch.....! Wenn mir nicht bald was Plausibleres einfällt, bin ich meinen schlechten Ruf als Frauenhasser los! Schließlich kommt so etwas nicht von ungefähr; da hab' ich jahrelang dran arbeiten müssen! Und jetzt soll das alles passé sein, bloß wegen ... wegen ... naja wegen einer winzigen Spur bordeaux-rot auf meinem Kragen ... 
Während ich noch überlege, ob mich ein simulierter Herzanfall retten könnte, kommt der Chef in den Kaffeeraum, und in seinem Schlepptau segelt - die Bastard female Assistent from Heck! 
"Ah ... äh ... wie ... äh ... wie schön!" sagt der Chef und führt die B.f.A.f.H. galant am Ellenbogen zu unserem Kaffeetisch. "Da ist ja ... hmm ... ist ja die ... äh ... die ... äh ... die ganze Familie ... hm ... liebe Familie versammelt." 
Wenn der Chef ganz besonders charmant sei, will, bezeichnet er gerne den Haufen untereinander verkrachter und bis zur Blutsfehde verfeindeter Mitarbeiter und Doktoranden als 'seine liebe Familie'. Heute ist er wohl ganz besonders charmant drauf. Kein Wunder: die B.f.A.f.H. zeigt ja auch ein Dekolleté, das nichts zu wünschen übrig läßt. Immer wenn ich so ein Dekolleté sehe, genieße ich zuerst die Aussicht, bis mein natürliches Mißtrauen bootet. Warum, fragt sich mein Kleinhirn dann, warum sollte MIR jemand so eine ansehnliche Aussicht bieten? 
"Hallo!" haucht die B.f.A.f.H. mit perfekt imitierter Doris-Day-Stimme. 
Der Chef stellt uns der Reihe nach vor, nicht wissend, daß die B.f.A.f.H. mit Frau Bezelmann und dem Kollegen O. regelmäßig zusammen an Military-Contests teilnehmen. Mit fällt auf, daß sowohl Frau Bezelmann als auch Marianne so sprachlos sind, daß sie nicht mal merken, als der Chef sie vorstellt. Dann folge ich den gebannten Blicken der versammelten Mitarbeiter und stöhne innerlich auf: Die B.f.A.f.H. hat heute Lippenstift angelegt, obwohl sie das sonst nie macht. Und die Farbe? Natürlich ein sattes dunkles Bordeaux-Rot! Großer Core-Dump! 
Das Stichwort 'LDAP' läßt mich aus meiner Betäubung hochschrecken. Benommen höre ich den Chef erläutern, was die B.f.A.f.H. hier eigentlich zu suchen hat. 
"... äh ... wird daher vom ... ähm ... vom Rechnerbetreuungs ... hm ..." 
"Rechnerbenutzerbetreuungsreferat", zwitschert die B.f.A.f.H. hilfreich dazwischen. 
"... vom Rechnerbenutzerbetreuungsreferat ein zentraler Dings ... ein zentraler Authentifizierungs- ... äh ... -server eingerichtet werden ... und unsere ... hm ... reizende Mitarbeiterin hier soll uns bei der ... ähm ... Implementierung helfen ..." 
Mit anderen Worten, die 'reizende' B.f.A.f.H. will sichergehen, daß ich ihr nicht in die Protokolle hineinpfusche oder am Ende die Verschlüsselungs-Keys klaue! Und in Schale hat sie sich nur geworfen, weil sie nur über den Chef unbegrenzten Zutritt bei mir bekommen kann. Normalerweise hätte ich sie hochkant aus meinem Territorium 'rausgeworfen - und das weiß die B.f.A.f.H. So ein raffiniertes L....! 
Aber in Moment ist das mein geringstes Problem. 
"Wie schön, Sie auch mal kennenzulernen", 
flötet Marianne so zuckersüß, daß ich das Gift durch meine Gehörgänge schwappen hören kann. Gleichzeitig versucht sie zusammen mit Jenny, die B.f.A.f.H. mit Laserblicken zu durchbohren. Frau Bezelmann strahlt wie ein 10000-Watt-Halogen-Strahler. Ihre eisblauen Äuglein blitzen vielsagend zwischen den Lippen der B.f.A.f.H. und meinem T-Shirt-Kragen hin und her. Die B.f.A.f.H. merkt, daß irgendetwas nicht stimmt, aber sie kann ja nicht wissen, wie schrecklich es ist! 
Ich raffe mich endlich auf und schüttle die Schocklähmung ab. Wie sagte ich vorhin? Leugnen in so einem Falle ist zwecklos, man muß statt dessen zum Angriff übergehen! 
Ich setze mein gewinnendstes Lächeln auf (das mit den blitzenden falschen Goldzähnen; ihr wißt schon!), trete an die B.f.A.f.H. heran und sage mit schmalztriefender Stimme: 
"Hello, Sweatheart! Du siehst heute wieder einfach smashing aus. Lieb von Dir, daß Du mich auch mal im Büro besuchen kommst ..." 
Dabei lege ich meinen Arm galant um ihre Taille und mache ernsthaft Anstalten, die B.f.A.f.H. zu küssen. 
Aus den Augenwinkeln sehe ich, daß Mariannes Augen sich um mindestens 180 Prozent vergrößern und Jenny mit einem schwachen Seufzer in ihren Sessel zurücksinkt. 
Die B.f.A.f.H. dagegen wird erst weiß wie die Wand, dann schlagartig knallrot, holt mit der Rechten weit aus und - scheuert mir eine, daß ich Big Ben in London hören kann! Und zwar mit 130 Dezibel, in HiFi und Stereo! 
Als ich wieder zu mir komme, ist die B.f.A.f.H. wutentbrannt abgerauscht und meine Reputation als Frauenhasser und Chauvi ist gerettet! 
Und das ganze Theater nur, weil ich mich heute morgen beim Rasieren geschnitten und auf meinen T-Shirt-Kragen geblutet habe!
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