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05.01.1999 BASTARD   MAILING   LIST   © Florian Schiel
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"Nimm' mich! Nimm' mich! Nimm' mich! ..." ächzt mein Telefon verführerisch, und weil mir das synthetische Gestöhne auf den Wecker geht, hebe ich sogar ab. 
"LIIIIIEBLING!" kreischt es mit 95 dB in mein Ohr. "Du bist ja sogar im BÜROOOO?!" 
Alarmstufe Gelb 
Gwendolin Rottweiler ist angebliche eine alte Studienkollegin von mir, obwohl ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern kann und will. Trotz aller Bemühungen meinerseits ist sie seit Jahren davon überzeugt, daß wir 'liiert' seien. Sie hält sich selbst für unwiderstehlich, die meisten halten sie für unglaublich und bei mir läuft sie unter der Rubrik 'unverdaulich'. 
"Hier ist die Zentrale der NASA Space Connection", sage ich mit übertriebenem amerikanischen Akzent. "Mit welchem Planeten wollen Sie sprechen?" 
Das nützt aber nix. Gwendolin schaltet auf Schmollstufe 5: 
"Liebling, du bist schon wieder garstig zu mir!" Erhöhung auf Schmollstufe 9: "Und überhaupt hast du deine kleine Gwendolin in letzter Zeit TOTAL vernachlässigt ..." 
"Wenn du mich noch einmal 'Liebling' nennst, lege ich sofort auf", sage ich sachlich. "Komm' zur Sache. Was gibts?" 
"Du garstiger kleiner Junge, du! Weißt du, was ich heute SENSATIONELLES gemacht habe?" 
"Nein", sage ich seufzend. 
Sie sagt triumphierend: "Ich habe mir einen Rechner gekauft!" 
ALARMSTUFE ROT 
Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn sich ein sogenannter guter Freund, der im übrigen seit 17 Jahren nichts mehr von sich hat hören lassen, eine DOS-Kiste oder Mac-Pizzabox anschafft. Plötzlich erinnert man sich an den lieben guten alten Leisch, der zumindest wissen sollte, wie man das Ding anschaltet, und vielleicht auch noch nebenbei den Drucker konfiguriert, einen Netz-Zugang beschafft und zu jeder unmöglichen Tages- und Nacht-Zeit mit kostenloser Hotline zur Verfügung steht! 
EVASIVE ACTION ON 
"Äh ... habe ich dir schon erzählt, daß ich seit Monaten an typographisch-allergischer Neuralgie der Handgelenke leide?" Gwendolin schwärmt nämlich für Krankengeschichten. 
"NEIN! Das mußt du mir erzählen. Ist das ansteckend?" 
"Zum Glück nicht. In den USA nennt man es RSI, 'Repetitive Stress Injury'. Ich kann leider überhaupt nichts mehr tippen, verstehst du?" 
"Oh ..." Gwendolin braucht ein paar Sekunden, um die ungünstigen Implikationen zu erfassen. "Armer kleiner Junge. Aber ... das heißt ja, du kannst deinen Computer nicht mehr bedienen ..." 
BINGO! Ich seufze schwer in die Muschel. "Tja, schrecklich, nicht?" 
"Aber ... aber du kennst dich doch bestimmt noch THEORETISCH mit Computern aus. Ich kann nämlich nicht herausfinden, wie man das blöde Ding hier einschaltet ..." 
"... und außerdem" beeile ich mich hinzuzufügen, "bin ich schon längst nicht mehr in der Computer-Branche. Ich mache jetzt Außendienst-Marketing im Sanitärfachhandel. Meine Spezialität sind Bidets. Wußtest du, daß sich über 93% der Deutschen den Hintern nach der Scheisserei nicht abspülen? Das ist ein unglaubliches Marktpotential, sage ich dir ... Da fällt mir ein, hast du eigentlich ein Bidet in deinem Scheißhäusl?" 
Gwendolin beteuert hastig, daß sie sogar zwei davon hat. Aber sie scheint jetzt wenigstens nicht mehr so ganz davon überzeugt, daß ich der richtige Fachmann für ihr Problem sei. 
"Tja, Liebli ... ich meine, ich wollte sagen, daß ich mich dann wohl anderweitig umschauen muß ... ähm ... ich wollte sagen, daß ich gleich noch einen anderen dringenden Termin habe ... Weißt du was? Ich werde dich dann wieder anrufen, ok? Tschüs, Liebling!" 
Erleichtert lege ich den Hörer zurück auf die Gabel. Damit so etwas heute nicht nochmal passiert, leite ich alle ankommenden Gespräche auf die Zeitansage um. Schließlich habe ich heute Wichtigeres zu tun: Sethimus Typhon, der Bastard Bureaucrat from Hell (B.B.f.H.) der Reisekostenstelle, hat versucht, sich mit Hilfe eines gar nicht mal ungeschickten trojanischen Pferdes bei uns einzuschleichen. Das Programm scannt die gerade eingeloggten Benutzer, macht einen Eintrag in die rhost-Datei eines Users für unbegrenzten Zugang und schickt den User-Namen per email an Sethimus Adresse. 
Auf diese Weise kann er sich ohne Passwort mit rlogin einloggen, und in meinen Überwachungsprogrammen fällt das nicht weiter auf, weil die meisten Benutzer, wenn sie erstmal eingeloggt sind, sowieso mehrere Windows öffnen. 
Schick! Könnte fast von mir sein! 
Natürlich kann ich das nicht so auf mir sitzen lassen. Da ich aber weiß, daß ihn die üblichen software-technischen Attacken allesamt kalt lassen, beschließe ich, ihn an seiner empfindlichsten Stelle treffen: seiner Eitelkeit! 
Habe ich schon mal erwähnt, daß Sethimus ständig von Kopf bis Fuß in die allerteuersten Designer-Klamotten gehüllt daherkommt? Während ich seit 17 Jahren mit demselben Sweatshirt ins Institut komme (ihr kennt es ja alle), hat er vermutlich für jeden Tag des Monats ein Extra-Paar Schuhe! 
Ich klaue mir bei den Leichenfledderern (Anatomen) im ersten Stock ein Paar Handschuhe und lasse mir in der Bäckerei um die Ecke eine extragroße Papiertüte aushändigen. Dann schlendere ich gemütlich zur Grünanlage hinter der Mensa-Küche, wo Doro, die doofe Hausmeister-Dogge, ihr Revier zu markieren pflegt. Nach einigem Suchen, finde ich genau was ich brauche: ein riesiger hübscher frischer Haufen! 
Mit angehaltenem Atem (und Handschuhen) fülle ich vorsichtig die Papertüte, bis sie halb voll ist; dann transportiere ich die stinkende Fracht am ausgestreckten Arm haltend in die mit Marmor ausgelegten Flure der Reisekostenstelle. 
Vor Sethimus Büro ist weit und breit niemand zu sehen. Ich checke kurz mit meinem Funkmodem, ob er auch wirklich eingeloggt ist. Ja, er spielt gerade DooM-goes-War. Perfekt! 
Ich stelle die Tüte direkt vor seine geschlossene Bürotüre und zuende den oberen Rand mit einen Feuerzeug an. Dann sprinte ich zum nächsten Quergang und schreie: "Feuer! Feuer!!!" 
Mit einem Taschenspiegel (Das ist ein Tipp, Leute: immer einen Taschenspiegel mithaben! Die Girls unter euch haben das schon lange kapiert!), mit dem Taschenspiegel also kann ich gefahrlos beobachten, was um die Ecke passiert: 
Sethimus stürzt natürlich wie ein Schachtelteufelchen aus seinem Büro, sieht die brennende Tüte auf dem Boden, und ... und ... genau! Austreten das Feuer! Und voll in die Scheiße mit den brasilianischen Designer-Schuhen!!! 
Sethimus braucht nur 0.35 Sekunden, um die wahre Natur dieser Tüte zu erkennen. Er läßt einen so gotteslästerlichen Fluch los, daß sogar mir die Ohren flattern. Einer blutarme Sachbearbeiterin aus dem Nachbarbüro, die auch gerade nachschauen will, was der Lärm auf dem Gang bedeutet, schwinden vor Schreck die Sinne und sie sinkt Sethimus entseelt in die Arme. 
Ein Bild für die Götter: Der schwule Sethimus Typhon mit einem ohnmächtigen Mädchen im Arm und mit einem Fuß immer noch in der Hundescheiße. Schade, daß ich meine DigiCam vergessen habe!
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